Drug Safety Mail 2021-29

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) vom 11.05.2021

Thrombose mit Thrombozytopenie-Syndrom (TTS) im Zusammenhang mit Adenovirus-basierten Vektorimpfstoffen gegen COVID-19

Im Zusammenhang mit Adenovirus-basierten Vektorimpfstoffen gegen COVID-19, (Vaxzevria® [COVID-19 Vaccine AstraZeneca], COVID-19 Vaccine Janssen) wurde sehr selten über eine ungewöhnliche Kombination von Thrombosen und Thrombozytopenie (Thrombose mit Thrombozytopenie-Syndrom, TTS) berichtet. Die Thrombosen können an ungewöhnlichen Stellen auftreten, zum Beispiel als zerebrale Sinusvenenthrombosen, Portal-, Leber- oder Mesenterialvenenthrombosen, tiefe Beinvenenthrombosen, Lungenembolien sowie arterielle Thrombosen. Auch Blutungen sind möglich (1). TTS wird durch eine Antikörperbildung gegen Plättchenfaktor 4 ausgelöst (2;3), was ähnlich wie bei der heparininduzierten Thrombozytopenie (HIT) zu einer massiven Thrombozytenaktivierung führt, jedoch ohne vorherige Heparin-Exposition.

Treten in einem zeitlichen Abstand von mehr als drei Tagen bis etwa drei Wochen zur Impfung Symptome auf wie Kurzatmigkeit, Brustschmerzen, Beinschwellungen oder -schmerzen, anhaltende Bauchschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen, Blutergüsse außerhalb des Verabreichungsortes sowie neurologische Symptome wie starke oder anhaltende Kopfschmerzen, verschwommenes Sehen oder Krampfanfälle, sollten Geimpfte umgehend einen Arzt aufsuchen (1;2). Es sollten rasch weitere Maßnahmen eingeleitet werden, ggf. Vorstellung in einer Notaufnahme. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sowie ggf. die Hinzuziehung von Spezialisten (z. B. Hämatologen, Gerinnungsspezialisten) sind angesichts des lebensbedrohlichen Krankheitsbilds wichtig (1).

Folgende Empfehlungen sollten im Falle von TTS nach Impfung mit Vaxzevria® (COVID-19 Vaccine AstraZeneca) sowie COVID-19 Vaccine Janssen berücksichtigt werden (modifiziert nach 1, 2):

  • In solchen Fällen sollte das Blutbild (mit Thrombozytenzahl), ein Blutausstrich, die D-Dimere sowie der Fibrinogenwert untersucht und ggf. eine weiterführende bildgebende Diagnostik durchgeführt werden.
  • Patienten mit Thrombozytopenie sollten aktiv auf Anzeichen einer Thrombose untersucht werden, Patienten mit Thrombose sollten auf eine Thrombozytopenie untersucht werden. Ggf. sind wiederholte Untersuchungen auf TTS erforderlich.
  • Bei Vorliegen einer Thrombose mit Thrombozytopenie und erhöhtem D-Dimer-Wert sollte unabhängig von einer Heparin-Exposition ein HIT-Screening-Test und ggf. weitere Untersuchungen pathophysiologisch relevanter Antikörper erfolgen. Dabei ist zu beachten, dass nicht alle HIT-Screening-Tests für die Diagnostik eines TTS geeignet sind.
  • Bis zum Ausschluss einer HIT sollte auf Heparine zur Antikoagulation verzichtet und stattdessen z. B. Danaparoid, Argatroban oder direkte orale Antikoagulanzien angewendet werden.
  • Bei bestätigter autoimmuner Genese kann wahrscheinlich der Pathomechanismus durch die Gabe von hochdosierten intravenösen Immunglobulinen unterbrochen werden. Einzelbeobachtungen weisen darauf hin, dass die frühzeitige Gabe von intravenösen Immunglobulinen die Prognose der Patienten verbessert.
  • Stets müssen auch andere Ursachen für Thrombozytopenien/Thrombosen in Betracht gezogen werden.

Das Risiko für diese spezifische Komplikation scheint bei Patienten mit Thrombose oder Thrombophilie in der Anamnese nicht erhöht. Weitere Details, einschließlich eines Flussdiagramms, zum Vorgehen bei Verdacht auf HIT/TTS sind der Stellungnahme der GTH zu entnehmen (2). Die Meldeverpflichtungen von vermuteten Nebenwirkungen im Zusammenhang mit Impfstoffen sollten berücksichtigt werden.

Literatur:

Weitere Informationen: