Akute interstitielle Nephritis durch Celecoxib ("UAW-News"-International)

Die AkdÄ möchte Sie im Folgenden über Publikationen und Meldungen aus dem

internationalen Raum informieren und hofft, Ihnen damit nützliche Hinweise für den

Praxisalltag geben zu können. Gastrointestinale und renale unerwünschte

Arzneimittelwirkungen (UAW) von nichsteroidalen Antirheumatika (NSAR) sind wohl bekannt.

Die Wirkung auf Schmerz und Entzündung führt man auf die Hemmung von

Cyclooxygenase-2-(COX-2-)Rezeptoren zurück, die renalen hämodynamischen und die

gastrointestinalen Effekte auf die Hemmung von COX-1-Rezeptoren. Was lag daher näher, als

durch selektive Blockierung von COX-2-Rezeptoren erwünschte von unerwünschten Wirkungen

zu trennen?

Schon bald nach der Neueinführung der selektiven COX-2-Antagonisten musste man jedoch

erkennen, dass sich diese Hoffnung nur zum Teil erfüllt hat: Bei den COX-2-Hemmern treten

zwar weniger Magen-Darm-Ulcera auf als bei den weniger selektiven NSAR, aber ausgelöst

wurde diese UAW auch durch diese Substanzgruppe. Durch begleitende niedrig dosierte

ASS-Therapie wird dieser Vorteil sogar ganz aufgehoben. Darüber haben wir erst kürzlich

berichtet (1). Aber auch bezüglich des erhofften Vorteils der geringeren Nephrotoxizität

auch durch COX-2-Inhibitoren ausgelöst werden. Ob dies wirklich seltener geschieht als

durch die altbewährten NSAR, ist noch offen. Ein besonderes Risiko besteht bei Patienten

mit Exsikkose oder potenziell nephrotoxischer Begleitmedikation (zum Beispiel

Aminoglykoside, Kontrastmittel, ACE-Hemmer).

Henao et al. (2) berichten nun über einen Fall von akuter interstitieller Nephritis bei

einer 73-jährigen Frau mit Diabetes mellitus. Diese Patientin nahm Celecoxib 200 mg/d

über ein Jahr in unregelmäßigen Abständen ein, die letzten vier Wochen vor

stationärer Aufnahme regelmäßig neben einigen anderen Arzneimitteln (Metformin,

Valsartan, Glipizide). Bei stationärer Aufnahme klagte die Patientin über allgemeine

Schwäche, Gelenk- und Beinschmerzen. Das Serumkreatinin betrug 4,3 mg/dl, vier Wochen

zuvor noch 0,7 mg/dl. Im Urinsediment fielen eosinophile Leukozyten auf, es bestand jedoch

keine Eosinophilie im Differenzialblutbild, kein Fieber und kein Exanthem. Letztere für

eine medikamentös ausgelöste interstitielle Nephritis typischen Symptome treten auch bei

einer durch NSAR verursachten Nephritis nur in ca. 30 Prozent der Fälle auf! (3). Die

Nierenbiopsie zeigte eine diffuse interstitielle Infiltration mit Lymphozyten und

Eosinophilen. Alle Arzneimittel wurden abgesetzt, die Patientin musste dialysiert werden.

Vom zehnten Tag nach stationärer Aufnahme an erholte sich die Nierenfunktion wieder, die

Dialyse wurde beendet. Alle Arzneimittel außer Celecoxib wurden wieder angesetzt, ohne

dass eine erneute Nierenfunktionsverschlechterung auftrat. Weshalb die akute

interstitielle Nephritis erst über ein Jahr nach Beginn der Celecoxibeinnahme auftrat,

bleibt unklar.

Ein Fall von akuter interstitieller Nephritis unter Behandlung mit Rofecoxib (in

Deutschland: Vioxx®) ist ebenfalls beschrieben (4).

Der zunächst bestehende Ansatz, die COX-2-Hemmung für die entzündungshemmenden, die

COX-1-Hemmung für gastrointestinale und renale Effekte verantwortlich zu machen, scheint

in dieser einfachen Form also nicht zu stimmen. COX-2-Rezeptoren wurden auch in der Niere

festgestellt. Über akutes Nierenversagen (hämodynamisch bedingt), Ödeme und

Verschlechterung einer Hypertonie im Zusammenhang mit COX-2-Antagonisten wird zunehmend

berichtet. Die akute interstitielle Nephritis ist eine wichtige Ursache des ANV. Sie kann

durch viele verschiedene Arzneimittel verursacht werden (Antibiotika, NSAR,

Antiepileptika, Diuretika und andere) und ist auch nach Absetzen des auslösenden Agens

oft irreversibel. Celecoxib muss wohl der langen Liste der Arzneimittel, die ein ANV durch

eine akute interstitielle Nephritis auslösen können, hinzugefügt werden. Wie häufig

diese UAW bei COX-2-Inhibitoren auftritt, ist freilich unbekannt.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit.

Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der

vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen unter der

AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.

Literatur

1. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft: Zur Sicherheit von

COX-2-Inhibitoren.

    Dtsch Arztebl 2002; 99: A 1535.

2. Henao J et al.: Celecoxib-induced acute interstitial nephritis. Am J Kid Dis 2002;

39:1313-1317

3. Eapen SS, Hall PM: Acute tubulointerstitial nephritis. Clin J Med 1992; 59: 27-32.

4. Rocha JL, Fernando-Alonso J: Acute tubulointerstitial nephritis associated with the

selective Cox-2 enzyme inhibitor rofecoxib. Lancet 2001; 357: 1946-1947.