Zu den Aufgaben der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) gehören die Erfassung, Dokumentation und Bewertung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW). Die AkdÄ möchte Sie regelmäßig über aktuelle Themen aus der Arbeit ihres UAW-Ausschusses informieren und hofft, Ihnen damit wertvolle Hinweise für den Praxisalltag geben zu können.
Pioglitazon (Actos®) ist ein orales Antidiabetikum aus der Gruppe der Thiazolidindione für Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2, das für die Monotherapie besonders bei übergewichtigen Patienten zugelassen ist, bei denen Metformin wegen Kontraindikationen oder Unverträglichkeit nicht angezeigt ist. Es ist ebenfalls zugelassen für die orale Kombinationstherapie bei Patienten, die unter einer Monotherapie mit Metformin oder einem Sulfonylharnstoff trotz der maximal verträglichen Dosis keine ausreichende Blutzuckerkontrolle erreichen, und zwar in Kombination mit Metformin besonders bei übergewichtigen Patienten und in Kombination mit einem Sulfonylharnstoff nur bei Patienten mit einer Unverträglichkeit oder Kontraindikation gegenüber Metformin. Laut Arzneiverordnungs-Report (1) wurden im Jahr 2002 10,2 Mio. DDD verordnet mit stark steigender Tendenz (+53,7 Prozent). Da Pioglitazon laut Fachinformation (2) eine Flüssigkeitsretention verursachen kann, die zu einem Auftreten oder einer Verschlechterung einer Herzinsuffizienz führen kann, ist es bei Patienten mit bestehender Herzinsuffizienz oder Herzinsuffizienz in der Anamnese (NYHA I bis IV) kontraindiziert.
Der AkdÄ wurde über einen 64-jährigen Patienten (178 cm, 105 kg) berichtet, der seit dem Jahr 2000 1 700 mg/Tag Metformin täglich erhielt (AkdÄ-Nr. 136 964). Im Sommer 2003 wurden zusätzlich 30 mg Pioglitazon pro Tag verordnet. Innerhalb von 4 Wochen nach Therapiebeginn nahm er 5 kg an Gewicht zu. Neben einer zuvor nicht bestehenden Herzinsuffizienz traten vermehrte Anfälle einer bekannten Angina pectoris auf. Nach dem Absetzen der Zusatzmedikation (Pioglitazon) verlor der Patient wieder prompt die 5 kg an Körpergewicht, und es stellte sich wieder der Status quo ante her. Es dürfte sich somit um ein akutes, medikamentös-induziertes Lungenödem gehandelt haben.
Englische Autoren (3) berichten über den vergleichbaren Fall eines 66-jährigen Patienten, der mit einer plötzlich aufgetretenen Dyspnoe stationär aufgenommen wurde. Bei ihm waren seit vier Jahren ein Diabetes mellitus Typ 2 sowie seit zwei Jahren eine Hypertonie bekannt. Sein Puls betrug 116/min, der Blutdruck 166/92 mm/Hg und die Sauerstoffsättigung 84 Prozent. Ein Herzinfarkt wurde ausgeschlossen. Die Röntgenuntersuchung des Thorax zeigte ein Lungenödem mit bilateralen Kerley-B-Linien. Echokardiographisch ergab sich eine normale linksventrikuläre Funktion mit normalen Größenparametern und unauffälligen Klappen. Der Patient hatte kurz zuvor zusätzlich zu einem Sulfonylharnstoff 30 mg Pioglitazon täglich erhalten. Dieses wurde durch Metformin ersetzt, womit eine mäßig gute Kontrolle des Glukosestoffwechsels (HbA1c: 8,3 Prozent) erreicht werden konnte. Symptome eines Lungenödems traten in der Folge nicht mehr auf. Die Autoren betonen, dass es sich um einen Patienten mit normalen linksventrikulären echokardiographischen Parametern handelte. Auch zu anderen Thiazolidindionen wie dem in Deutschland im Handel befindlichen Rosiglitazon (Avandia®; Avandamet® als Kombination mit Metformin) wurden Fälle von pulmonalen Ödemen publiziert (4).
Im deutschen UAW-Spontanerfassungssystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ; Datenstand: 28. 7. 2004) finden sich zu Pioglitazon 65 Meldungen, darunter drei Berichte über ein Lungenödem. Bei Rosiglitazon betreffen von den erfassten 255 Meldungen 13 Berichte das Auftreten eines Lungenödems.
Offenbar muss bei Patienten unter Thiazolidindionen - unabhängig davon, ob eine Herzerkrankung besteht - mit der Möglichkeit einer so starken Wassereinlagerung gerechnet werden, dass ein Lungenödem auftreten kann. Man sollte Patienten, die Pioglitazon oder Rosiglitazon einnehmen, anraten, sich täglich zu wiegen, hierüber ein Protokoll zu führen und dieses bei jedem Arztbesuch vorzulegen.
Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.
Literatur
1. Schwabe U, Paffrath P (Hrsg.): Arzneiverordnungs-
Report 2003. Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York 2004.
2. Fachinformation zu Actos 30 mg (Stand: September 2003).
3. Abousleiman Y, Jamieson A, Wildon KD: Pioglitazone-induced acute pulmonary oedema. Diabetes Metab 2003; 29: 4S251.
4. Page RL 2nd, Gozansky WS, Rusein JM: Possible heart failure exacerbation associated with rosiglitazone:
case report and literature review. Pharmacotherapy 2003; 23: 945-954.