Bilaterale anteriore toxische Optikusneuropathie (UAW-News - International)

Die AkdÄ möchte Sie im Folgenden über Publikationen und Meldungen aus dem

internationalen Raum informieren und hofft, Ihnen damit nützliche Hinweise auch für

den Praxisalltag geben zu können. 

Infliximab, ein monoklonaler Antikörper gegen Tumornekrosefaktor alpha, wird seit

1999 zur immunsuppressiven Therapie bei rheumatoider Arthritis, Morbus Crohn sowie

bei therapierefraktärer Wegenerscher Granulomatose eingesetzt. Die AkdÄ hatte in der

Vergangenheit mehrfach Anlass, sich mit gravierenden UAWs dieser Substanz auseinander zu setzen (1).

Jetzt wird in den Niederlanden über drei Fälle mit bilateraler Optikusneuropathie jeweils

nach der dritten Dosis von Infliximab berichtet (2). Alle drei Patienten, zwei Männer im

Alter von jeweils 54 Jahren und eine 62-jährige Frau, litten an einer rheumatoiden

Arthritis. Trotz Steroid-Therapie des Sehnervenschadens kam es zu einer beidseitigen zeitlich unterschiedlich

verlaufenden irreversiblen Sehverschlechterung. Bei zwei Patienten traten zentrozökale

Gesichtsfelddefekte auf, bei dem dritten waren an beiden Augen vorwiegend die unteren Quadranten betroffen. Im Krankheitsverlauf wurde ophthalmologisch zunächst

eine Schwellung der Papillen und später ihre Abblassung beobachtet. Die Autoren

führen die Optikusschädigung auf die kumulative Dosierung von Infliximab zurück, da

das Ereignis erst 14, 34 bzw. 40 Tage nach der dritten Gabe des Medikamentes auftrat.

Der Pathomechanismus ist offensichtlich ungeklärt.

Bekannt ist in seltenen Fällen die Exazerbation der klinischen Symptome

beziehungsweise radiographischer Befunde von demyelinisierenden Erkrankungen wie

der multiplen Sklerose unter Infliximab (4). Dies geschieht dann unter dem Krankheitsbild einer Retrobulbärneuritis, wofür es bei den drei Patienten aber keinen

Hinweis gab. Andererseits ist die Rheumatoidarthritis selbst als seltener Risikofaktor

für die anteriore Optikusneuropathie beschrieben (3).

Differenzialdiagnostisch sollte bei dem 54-jährigen männlichen Patienten mit

Gesichtsfeldausfällen vorwiegend in den unteren Quadranten auch an eine anteriore

ischämische Optikusneuropathie durch Verschluss von Ziliararterienästen gedacht

werden. 

Der andere der beiden männlichen Patienten wurde seit längerem mit einem weiteren

möglicherweise optikusschädigenden Medikament, dem Protonenpumpenhemmer

Omeprazol, behandelt. Ein kausaler Zusammenhang der bisher unter der Gabe von Omeprazol gemeldeten schweren Sehstörungen kann jedoch nicht belegt werden (5).

Die hier geschilderten Fälle mit bilateraler Optikusneuropathie unter Infliximab lassen

hinsichtlich eines ursächlichen Zusammenhanges Fragen offen. Dennoch sollten die drei im Spontanerfassungssystem gemeldeten Beobachtungen

ernst genommen und der Ärzteschaft zur Kenntnis gebracht werden. 

Auf mögliche Frühsymptome wie Farbsinnstörung, zentrale Sehstörung und

Papillenschwellung ist zu achten. (Prüfung mit Farbtafeln und dem Panel-D-15-Test;

Untersuchung von Sehschärfe und Gesichtsfeld zur Erfassung eines zentrozökalen

Skotoms). Durch frühzeitiges Absetzen des Medikamentes ist eine Schadensbegrenzung anzustreben.

Bei bestehendem Sehnervenschaden und drohender irreversibler Optikusatrophie

sollte eine hoch dosierte Steroidgabe (1 g Prednisolon i. v. tgl. für 4 Tage, dann

allmähliche Dosisreduktion) erfolgen.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit.

Sie können dafür den in regelmäßigen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten

Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen unter der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen. 

Literatur

1. Berg P: Risiken und Nebenwirkungsreaktionen unter einer Therapie mit

TNF-alpha-Blockern: Eine immunologische Analyse. Deutsche Medizinische Wochenschrift 2004; im Druck.

2. ten Tusscher MP, Jacobs PJ, Busch MJ, de Graaf L, Diemont WL: Bilateral anterior

toxic optic neuropathy and the use of infliximab. Br Med J 2003; 326: 579.

3. Agildere AM, Tutar NU, Yucel E, Coskun M, Benli S, Aydin P: Pachymeningitis and optic neuritis in rheumatoid arthritis: MRI findings. Br J

Radiol 1999; 72: 404-407.

4. Foroozan R, Buono LM, Sergott RC, Savino PJ: Retrobulbar optic neuritis associated

with infliximab. Arch Ophthalmol 2002; 120: 985-987.

5. Struck HG: Erblindung durch Protonenpumpenhemmer - wie groß ist die Gefahr?

Arzneiverordnungen in der Praxis 1998; 4: 6-7.

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