Zu den Aufgaben der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) gehören
die Erfassung, Dokumentation und Bewertung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW).
Die AkdÄ möchte Sie regelmäßig zu speziellen Fragen der Arzneimittelsicherheit
informieren und hofft, Ihnen damit wertvolle Hinweise für den Praxisalltag geben zu
können.
Im deutschen Spontanerfassungssystem für unerwünschte Arzneimittelwirkungen
(Gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ) wurden von Januar 1990 bis Oktober 2002
insgesamt 4 194 Nebenwirkungsmeldungen zur Wirkstoffgruppe der Fluorochinolone
registriert. Davon betrafen 737 Meldungen (17,6 Prozent) Leber- und Gallenveränderungen.
Im Rahmen dieser Berichte fand sich in 310 Fällen (7,4 Prozent) eine Erhöhung von
Leberenzymen. In weiteren 65 Fällen (1,6 Prozent) waren ein Ikterus sowie in jeweils 53
Fällen (1,3 Prozent) eine Hepatitis beziehungsweise eine cholestatische Hepatitis
angegeben. Weiterhin wurde 42-mal über eine Leberzellschädigung, 26-mal über
Leberversagen und 24-mal über eine Leberfunktionsstörung berichtet. In sechs Meldungen
wurde eine Lebernekrose, in vier eine Leberzirrhose, in zwei ein Leberkoma und in einer
Meldung eine Fettleber mit der Einnahme von Fluorochinolonen in Zusammenhang gebracht.
Tabelle: Hepatische Nebenwirkungen nach systemischer Anwendung von Fluorochinolonen
<Quelle: Deutsches Spontanerfassungssystem (Gemeinsame Datenbank von BfArM und
AkdÄ; Datenstand: 24.10.2002)>
Wirkstoff | Markteinführung | Gesamtberichtszahl 1990 - 2002 | Prozentualer Anteil der Berichte über Leberreaktionen |
Ciprofloxacin | 02/1987 | 986 | 21,9 Prozent |
Gatifloxacin | 11/2001 | 31 | 9,7 Prozent |
Levofloxacin | 03/1998 | 603 | 18,2 Prozent |
Moxifloxacin | 09/1999 | 671 | 9,2 Prozent |
Norfloxacin | --/1984 | 100 | 16,0 Prozent |
Ofloxacin | --/1985 | 1124 | 10,9 Prozent |
Trovafloxacin* | 07/1998 | 159 | 100,6 Prozent** |
* Trovafloxacin wurde im Jahr 1999 wegen Hepatotoxizität vom Markt genommen
** Ein Fallbericht kann mehrere UAW haben; die prozentuale Bezugsgröße ist die Anzahl
der Berichte
Die Tabelle zeigt, dass sich mit Ausnahme von Trovafloxacin, das im Jahr 1999 wegen
Hepatotoxizität vom Markt genommen wurde, der Anteil der hepatischen UAW in Relation zur
Gesamtberichtszahl in einer Größenordnung von etwa 10 bis 20 Prozent bewegt. Eine
Einordnung und Bewertung von Gatifloxacin, das erst seit Ende 2001 im Handel ist, kann
derzeit aufgrund der zu geringen Berichtszahlen noch nicht erfolgen.
Fluorochinolon-haltige Augentropfen sind nach den vorliegenden Daten aus dem
Spontanerfassungssystem bislang nicht durch unerwünschte Wirkungen an der Leber
aufgefallen.
Der AkdÄ liegen mehrere teilweise ausführlich dokumentierte Berichtsfälle zu
hepatotoxischen UAW unter der Therapie mit Fluorochinolonen vor, darunter einige mit
letalem Ausgang durch Leberversagen. Aufgrund der klinischen Befunde bei den gemeldeten
Fallberichten, der Angaben in der Literatur sowie der entsprechenden Datenbank-Recherchen
kann ein Kausalzusammenhang als gegeben angesehen werden. Insgesamt betrachtet ist die
Hepatotoxizität der Fluorochinolone ein allgemein bekanntes Gruppenphänomen, allerdings
in unterschiedlicher Ausprägung.
Hintergrund des erneuten Hinweises auf die potenzielle Hepatotoxizität der
Fluorochinolone ist die Tatsache, dass im Allgemeinen die psychischen und neurotoxischen
UAW dieser Wirkstoffgruppe bei der Ärzteschaft deutlich besser bekannt sind als die
hepatischen. Häufig bleiben hepatische Nebenwirkungen der Fluorochinolone auch
inapparent, da diese Arzneimittel in der Regel zeitlich befristet eingesetzt werden und
daher keine Labordiagnostik durchgeführt wird. In den Fachinformationen zu den
Präparaten der verschiedenen Fluorochinolone wird auf das mögliche Risiko von
unerwünschten Wirkungen an der Leber hingewiesen, allerdings unter differierenden Angaben
zu Häufigkeit und Schwere der Reaktion.
Die AkdÄ empfiehlt, Fluorochinolone nicht länger als nötig anzuwenden und dabei auch
auf hepatische UAW zu achten. Falls eine längere Therapie, zum Beispiel von mehr als
einer Woche, indiziert ist, sollten Kontrollen der Leberenzyme erfolgen, um toxische
Leberveränderungen rechtzeitig erkennen zu können.
Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit.
Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der
vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der
AkdÄ-Internet-Präsenz www.akdae.de abrufen.