Hypoglykämien unter Gatifloxacin (Bonoq®, Bonoq® Uro) (Aus der UAW-Datenbank)

Zu den Aufgaben der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) gehören

die Erfassung, Dokumentation und Bewertung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW). Die AkdÄ möchte Sie regelmäßig über aktuelle Themen

aus der Arbeit ihres UAW-Ausschusses informieren und hofft, Ihnen damit wertvolle

Hinweise für den Praxisalltag geben zu können.

Bei Gatifloxacin handelt es ich um ein seit November 2001 im Handel befindliches

Fluorochinolon mit guter Wirksamkeit gegenüber gramnegativen und grampositiven Keimen. Es ist zugelassen zur Behandlung der ambulant erworbenen Pneumonie, der

akuten Exazerbation einer chronischen Bronchitis und akuten bakteriellen

Sinusitis, der unkomplizierten Gonorrhö und von Harnwegsinfektionen. Die Halbwertszeit der

Substanz beträgt sieben bis acht Stunden, sodass die Normaldosis von 400 mg einmal

täglich gegeben werden kann. Zur kurzzeitigen Therapie unkomplizierter Harnwegsinfektionen steht zudem eine 200-mg-Filmtablette (Bonoq®

Uro) zur Verfügung. 

Der AkdÄ wird über eine 73-jährige Frau (162 cm/63 kg) berichtet, die wegen einer

Harnwegsinfektion 200 mg/Tag Bonoq® Uro erhielt. Außer einer Hypercholesterinämie

wurden keine weiteren wesentlichen Erkrankungen angegeben. Am dritten Tag der Therapie wurden zunächst eine Somnolenz und später Bewusstlosigkeit beobachtet,

die rasch als Zeichen einer Hypoglykämie erkannt wurden. Die Messung des Blutzuckers ergab einen Wert von 1,37 mmol/l (= 25 mg/dl). Nach intravenöser Gabe

einer Glukoselösung war die Patientin rasch wieder ansprechbar und orientiert (AkdÄ-Nr. 133.443).

Im deutschen Spontanerfassungssystem unerwünschter Arzneimittelwirkungen (gemeinsame Datenbank von Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte,

BfArM, und AkdÄ) sind mit Datenstand vom 18. 12. 2003 insgesamt 55 Meldungen zu

Gatifloxacin erfasst, von denen sich sieben (12,7 Prozent) auf eine Hypoglykämie

beziehen. Eine analoge Recherche zur Gruppe der Fluorochinolone insgesamt ergab bei einer Berichtszahl von 4 768 lediglich einen Anteil von 0,4 Prozent (19 Fälle) an

Hypoglykämien, sodass vermutet werden kann, dass diese UAW bei Gatifloxacin häufiger auftritt. 

Eine genauere Analyse der in der Datenbank des UAW-Spontanerfassungssystems

vorliegenden sieben Meldungen über Hypoglykämien unter Gatifloxacin zeigt, dass bei

sechs Patienten ein Diabetes mellitus bestand, der in fünf Fällen medikamentös

behandelt wurde. In der Literatur wird über einen 73-jährigen Diabetiker berichtet, der

wegen einer Exazerbation einer chronischen Bronchitis vier Tage lang mit 400 mg Gatifloxacin behandelt wurde und bei dem in der Folge eine Hypoglykämie mit einem

Blutzuckerwert von 1,23 mmol/l (22 mg/dl) auftrat (1). Über die Gefahr einer Hypoglykämie, verursacht durch eine mögliche Wechselwirkung von Gatifloxacin und

oralen Antidiabetika, hat die AkdÄ unlängst in ihrem Bulletin „Arzneiverordnung in der

Praxis“ bereits berichtet (2).

In den entsprechenden Fachinformationen (3) wird auf Blutzuckerveränderungen als

mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen von Gatifloxacin hingewiesen. Das Auftreten einer Hypoglykämie wird als seltenes (Häufigkeit:> 0,01 %, < 0,1 %), das

Auftreten einer Hyperglykämie als gelegentliches (Häufigkeit: > 0,1 %, < 1 %) Ereignis

aufgeführt.

Da es sich bei der Hypoglykämie um eine potenziell tödliche, bei rechtzeitigem

Erkennen jedoch erfolgreich zu behandelnde UAW handelt, weisen wir ausdrücklich auf

dieses Risiko hin.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit.

Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der

vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der

AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.

Literatur

1. Baker SE, Hangii MC: Possible gatifloxacin-induced hypoglycemia. Ann Pharmacother

2002; 36: 1722-1726.

2. Gatifloxacin: Hypoglykämie durch Interaktion mit oralen

Antidiabetika. Arzneiverordnung in der Praxis 2004; 31: 15.

3. Fachinformation zu Bonoq® 400 mg Filmtabletten und Bonoq® Uro 200 mg

Filmtabletten (Stand: Mai 2002).