Leberschäden unter Flupirtin (Aus der UAW-Datenbank)

Flupirtin (z. B. Katadolon®, Trancopal® Dolo) ist ein zentral wirkendes, nicht opioides Analgetikum. Flupirtin bewirkt an seinem spinalen Angriffspunkt durch Aktivierung von Kaliumkanälen der Nervenzellen eine Hemmung der Weiterleitung von nozizeptiven Impulsen. Es ist zugelassen zur Behandlung akuter und chronischer Schmerzen wie Muskelverspannungen, Spannungskopfschmerz, Tumorschmerzen, Dysmenorrhoe sowie Schmerzen nach Operationen und Verletzungen (1, 2). Es ließ sich in klinischen Studien bislang nicht hinreichend belegen, dass sich aus den zusätzlichen muskelrelaxierenden Eigenschaften von Flupirtin eine besondere Eignung bei Kreuzschmerzen ableitet (3). Seit Jahren nehmen die Verordnungen kontinuierlich zu, im Jahr 2006 wurden 17,1 Mio. DDD verordnet, entsprechend einer Steigerung von 39,9 % gegenüber dem Vorjahr (4).

Der AkdÄ wurde über eine 65-jährige Patientin berichtet (Fall-Nr. 143937), die über etwa drei Monate Flupirtin 100 mg/Tag wegen chronischer Schmerzen eingenommen hatte. Die zusätzliche Medikation bestand aus Amitriptylin, Candesartan, Tramadol, Teufelskrallenextrakt und einem Vitamin-E-Präparat. Eine Routineuntersuchung zeigte stark erhöhte Leberwerte (GPT 7-facher, GOT 5-facher, gamma-GT 15-facher, AP 1,5-facher oberer Normwert, Bilirubin 1,3 mg/dl). Virale, autoimmune, metabolische und posthepatische Ursachen konnten ausgeschlossen werden. Histologisch zeigte sich eine aktive chronische Hepatitis mit deutlicher Fibrose. Obwohl die Leberwerte sechs Monate zuvor noch normal gewesen waren, ist die Fibrose wahrscheinlich Ausdruck eines bereits länger bestehenden, bislang unerkannten Leberschadens, auf den sich jetzt eine arzneimittelinduzierte Hepatitis aufgesetzt hat. Nach Pausierung der Arzneimittel normalisierten sich die Leberwerte rasch. Eine versehentliche Reexposition mit Flupirtin durch Selbstmedikation führte zu einem erneuten Anstieg der Leberwerte und legte so einen kausalen Zusammenhang des Leberschadens mit der Einnahme von Flupirtin nahe.

Im deutschen Spontanmeldesystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand: September 2007) sind 449 Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen nach Gabe von Flupirtin erfasst. Entsprechend der standardisierten Abfrage (Standardised MedDRA Query, SMQ) beziehen sich davon 151 Meldungen (33,6 %) auf Lebererkrankungen. Es wurden 70 Fälle von Hepatitis unter Flupirtin gemeldet. Siebenmal wird über Leberversagen berichtet. Vier Todesfälle in der Folge von Lebererkrankungen wurden im Zusammenhang mit Flupirtin gemeldet. Neben "Ermüdung" (72) und "Schwindelgefühl" (47) sind "Erhöhung der Leberenzyme" (49) und "Hepatitis" die häufigsten Stichworte, die in UAW-Verdachtsberichten zu Flupirtin genannt werden. In der Fachinformation werden Transaminasenerhöhungen und arzneimittelinduzierte Hepatitiden unter den "sehr seltenen" (d. h. weniger als 1 in 10.000 Fällen) Nebenwirkungen aufgeführt. Die Ergebnisse der Recherche in der UAW-Datenbank können ein Hinweis dafür sein, dass die Inzidenz flupirtininduzierter Leberschäden bislang möglicherweise unterschätzt wurde. Wie in der Fachinformation aufgeführt, ist die Substanz bei Patienten mit vorbestehender Lebererkrankung oder Alkoholabusus kontraindiziert (1, 2). Bei längerer Anwendung sollten die Leberwerte regelmäßig kontrolliert werden. Treten bei Patienten unter Flupirtin Symptome auf, die Ausdruck einer Leberschädigung sein können (z. B. Ikterus, Übelkeit, Juckreiz, dunkler Urin), muss das Arzneimittel abgesetzt und weitere Diagnostik eingeleitet werden.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.

Literatur
1. AWD.pharma GmbH: Fachinformation "Katadolon®". Stand: Juni 2005.


2. AWD.pharma GmbH: Fachinformation "Trancopal® Dolo". Stand: Januar 2007.


3. AkdÄ: Empfehlungen zur Therapie von Kreuzschmerzen. 3. Auflage. Arzneiverordnung in der Praxis (Therapieempfehlungen), April 2007; Band 34, Sonderheft 2.


4. Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2007. Heidelberg: Springer Medizin Verlag, 2008.