Lungenfibrose nach Nitrofurantoin (Aus der UAW-Datenbank)

Nitrofurantoin ist ein Chemotherapeutikum zur Behandlung von Harnwegsinfektionen, das seit Beginn der 1950er-Jahre verwendet wird. Die Substanz hat eine gute Bioverfügbarkeit und verteilt sich bei sehr kurzer Halbwertszeit in alle Gewebe und Körperflüssigkeiten. Bei normaler Nierenfunktion werden jedoch nur im Urin therapeutisch wirksame Konzentrationen erreicht. Nitrofurantoin ist zugelassen zur Therapie chronischer Harnwegsinfektionen bei Patienten mit angeborener oder erworbener Abflussbehinderung der Harnwege und zur Reinfektionsprophylaxe chronisch rezidivierender aszendierender Harnwegsinfektionen. In der Fachinformation wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Nitrofurantoin nur angewendet werden darf, wenn "effektivere und risikoärmere Antibiotika und Chemotherapeutika nicht einsetzbar sind". Trotz dieser Anwendungsbeschränkungen zeigt sich seit mehreren Jahren eine kontinuierliche Zunahme der Verordnungen von Nitrofurantoin (2005: 7,6 Mio. DDD, entsprechend einer Steigerung von 10,3 % gegenüber dem Vorjahr) (1).

Die AkdÄ wurde jetzt über den Fall einer 61-jährigen Frau (Fall-Nr. 143490) informiert, die wegen rezidivierender Harnwegsinfekte über ein Jahr lang 50 mg/Tag Nitrofurantoin eingenommen hatte. Die Patientin entwickelte eine zunehmende Dyspnoe, die zur stationären Aufnahme führte. Hier zeigte sich computertomografisch das Bild einer ausgeprägten Lungenfibrose im relativ akuten Stadium. Wegen einer rasch zunehmenden respiratorischen Insuffizienz wurde eine maschinelle Beatmung notwendig. Eine immunsuppressive Therapie blieb ohne Effekt. Die Lungenfunktion verschlechterte sich kontinuierlich. Es kam zu pulmonalen Infekten, und die Patientin verstarb im progredienten Schock.

Zu den bekannten UAW von Nitrofurantoin zählen neben allergischen Reaktionen, Leberreaktionen, Blutbildveränderungen und Polyneuropathien auch Reaktionen der Lunge. Die akuten Formen werden in der Fachinformation mit einer Häufigkeit von zwischen ein und zehn Prozent angegeben und äußern sich Stunden oder Tage nach der ersten Einnahme als allergisches Lungenödem oder sogenannte Nitrofurantoin-Pneumonie. Diese Krankheitsbilder sind nach dem Absetzen reversibel. Chronische Lungenreaktionen wie interstitielle Pneumonien und Lungenfibrosen treten nach längerer Therapie (meist mehr als ein Jahr) vornehmlich bei älteren Frauen auf und sind nur teilweise reversibel (2).

Im deutschen Spontanmeldesystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand: Mai 2007) sind 126 Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen nach Gabe von Nitrofurantoin erfasst. 47 Berichte beziehen sich auf den Respirationstrakt. Zwanzigmal wird eine pulmonale Fibrose und fünfmal ein respiratorisches Versagen genannt. Seit 1990 wurden zwölf UAW-Verdachtsfälle mit Todesfolge nach Einnahme von Nitrofurantoin gemeldet, davon fünf im Zusammenhang mit Leberreaktionen und vier mit Lungenreaktionen.

Bei Beachtung der oben angeführten Anwendungsbeschränkungen ist die Gabe von Nitrofurantoin nur in seltenen Fällen indiziert. Als Alternativen werden zur Antibiotikaprophylaxe rezidivierender Harnwegsinfekte Trimethoprim als Monosubstanz, die Kombination Trimethoprim-Sulfamethoxazol oder während der Schwangerschaft Cephalexin empfohlen. Abhängig von der Anzahl der Harnwegsinfektionen pro Jahr und ihrer Assoziation zum Geschlechtsverkehr kann anstatt einer kontinuierlichen Antibiotikagabe auch eine postkoitale Antibiotikaprophylaxe durchgeführt oder nach Eigendiagnose durch die Patientin eine selbstinitiierte Kurzzeittherapie eingeleitet werden (3).

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der AkdÄ-Internetpräsenz unter www.akdae.de abrufen.

Literatur
1. Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2006. Heidelberg: Springer Medizin Verlag, 2007.


2. Mendez JL, Nadrous HF, Hartman TE, Ryu JH: Chronic nitrofurantoin-induced lung disease. Mayo Clin Proc 2005; 80: 1298–1302.


3. Ludwig M, Hoyme U, Weidner W: Recurrent urinary tract infection in women. Long-term antibiotic prophylaxis. Urologe A 2006; 45: 436–42.