Myopathie nach Tacrolimus-Salbe (Protopic®) (Aus der UAW-Datenbank)

Zu den Aufgaben der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft gehören die Erfassung, Dokumentation und Bewertung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW). Die AkdÄ möchte Sie regelmäßig über aktuelle Themen aus der Arbeit ihres UAW-Ausschusses informieren und hofft, Ihnen damit wertvolle Hinweise für den Praxisalltag geben zu können.

Tacrolimus gehört zusammen mit Pimecrolimus zu den so genannten Calcineurinantagonisten. Chemisch handelt es sich um ein Makrolid-Lakton, das aufgrund seiner immunsuppressiven Wirkung zur Prophylaxe beziehungsweise Behandlung von Abstoßungsreaktionen nach Leber- oder Nierentransplantation eingesetzt wird. Als 0,03-prozentige beziehungsweise 0,1-prozentige Salbe (Protopic®) ist es zur Behandlung des mittelschweren bis schweren atopischen Ekzems zugelassen, das auf herkömmliche Therapien nicht ausreichend anspricht (1). Im Jahr 2003 wurden 2,1 Mio. DDD verordnet, was im Vergleich zur Verordnungshäufigkeit im Einführungsjahr 2002 einer Zunahme um 49,1 Prozent entspricht (2).

Die FDA hat im März 2005 vor einem möglicherweise erhöhten Risiko für maligne Erkrankungen durch Anwendung von Tacrolimus-Salbe gewarnt (3). Das BfArM empfiehlt in diesem Zusammenhang, die in der Zulassung vorgegebenen Anwendungsbeschränkungen streng zu beachten. Dazu gehört zum Beispiel, dass Protopic® nur nach Versagen anderer Therapieverfahren (inklusive Therapie mit äußerlich anzuwendenden Glukokortikoiden, so genannten "Kortisonsalben") und nicht zur kontinuierlichen Langzeitbehandlung eingesetzt werden soll (4).

Der AkdÄ wurde nun von dem Verdacht auf eine Rhabdomyolyse nach Anwendung von Tacrolimus-Salbe berichtet. Eine 42-jährige Patientin hatte wegen einer schweren Neurodermitis seit Juni 2002 Tacrolimus-Salbe (Protopic® 0,1 Prozent) angewendet. Begleiterkrankungen bestanden nicht, weitere Medikamente erhielt sie nicht. Im Juni 2004 traten bei ihr Muskelschmerzen auf, insbesondere im Bereich der Waden sowie der Ober- und Unterarme. Laborchemisch fiel eine Erhöhung der CK bis auf 12894 U/l auf. Ein MRT der unteren Extremitäten zeigte ein Bild wie bei einer Myositis mit sehr akutem Verlauf. Im EMG stellten sich Veränderungen wie bei einer proximal betonten Myopathie unklarer Ätiologie dar. Mittels einer Biopsie des rechten Musculus gastrocnemius ließ sich der Verdacht auf eine Rhabdomyolyse allerdings nicht verifizieren. Nach Absetzen der Tacrolimus-Salbe normalisierten sich die CK-Werte unter Flüssigkeitszufuhr.

Publiziert sind einzelne Fälle von Rhabdomyolysen nach systemischer Anwendung von Tacrolimus, zum Beispiel nach Gabe zusammen mit dem Antikörper CD25 (5) beziehungsweise Simvastatin (6) oder Methylprednison (7).

Im deutschen Spontanmeldesystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand: 30.03.2005) befindet sich unter insgesamt 1027 Meldungen zu Tacrolimus (sowohl orale als auch topische Anwendung) ein Bericht über eine Myositis bei einer Patientin, die nach einer Herztransplantation neben Tacrolimus auch Atorvastatin einnahm.

Nach unserem Wissen handelt es sich bei dem vorliegenden Bericht um die erste Mitteilung über den Verdacht einer schweren Myopathie (höchstwahrscheinlich Rhabdomyolyse) im Zusammenhang mit der topischen Anwendung von Tacrolimus.

Bei Patienten mit gestörter Hautbarriere, wie bei atopischer Dermatitis oder dem seltenen Netherton-Syndrom (Störung des Aminosäurestoffwechsels mit Veränderungen an Haut und Haaren), wurden nach topischer Applikation für kurze Zeit Blutspiegel gemessen, die ansonsten bei systemischer Gabe erreicht werden (8; 9; 11). Topische Langzeitanwendung kann nach einem Bericht der FDA auch zu systemischer Kumulation führen (10).

Bei ausgeprägtem Krankheitsbild oder lang dauernder Anwendung von Tacrolimus-Salbe sollten Laborwerte, einschließlich Tacrolimus-Spiegel, regelmäßig überprüft werden, um systemische UAW, wie zum Beispiel eine Myopathie, frühzeitig erkennen und behandeln zu können.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen von der AkdÄ-Internetpräsenz (www.akdae.de) abrufen.

Literatur
1. Fujisawa: Fachinformation Protopic 0,1 Prozent Salbe. Mai 2004.


2. Fricke U: Dermatika und Wundbehandlungsmittel. In: Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2004, Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 2004; 485-538.


3. FDA: Alert for Healthcare Professionals: Tacrolimus. FDA Alert 03/2005.


4. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: Informationen zur Anwendung von Tacrolimus/Pimecrolimus bei atopischer Dermatitis. AM-Schnell-Info (http://www.bfarm.de). 2005.


5. Fontana I, Ginevri F, Basile G et al.: Severe rhabdomyolysis and acute renal failure in a kidney transplant patient treated with tacrolimus and chimaeric CD25 monoclonal antibody. Transplant Proc 2004; 36: 711-712.


6. Kotanko P, Kirisits W, Skrabal F: Rhabdomyolysis and acute renal graft impairment in a patient treated with simvastatin, tacrolimus, and fusidic acid. Nephron 2002; 90: 234-235.


7. Hibi S, Misawa A, Tamai M et al.: Severe rhabdomyolysis associated with tacrolimus. Lancet 1995; 346: 702.


8. Allen A, Siegfried E, Silverman R et al.: Significant absorption of topical tacrolimus in 3 patients with netherton syndrome. Arch Dermatol 2001; 747-750.


9. Kawashima M, Nakagawa H, Ohtsuki M, Tamaki K,

Ishibashi Y: Tacrolimus concentrations in blood during topical treatment of atopic dermatitis. Lancet 1996; 348: 1240-1241.


10. FDA (Temeck J): Protopic and Elidel presentation for regulatory briefing on January 14, 2005 (http://www.fda.gov). 2005.


11. Simpson D, Noble S: Tacrolimus ointment: a review of its use in atopic dermatitis and its clinical potential in other inflammatory skin conditions. Drugs 2005; 65: 827-858.