Osteonekrosen des Kiefers unter Bisphosphonaten
Die AkdÄ möchte Sie im Folgenden über Publikationen und Meldungen aus dem
internationalen Raum informieren und hofft, Ihnen damit nützliche Hinweise auch
für den Praxisalltag geben zu können.
Bisphosphonate werden zunehmend eingesetzt zur Therapie der Osteoporose, bei
osteolytischen Knochenmetastasen von soliden Tumoren bzw. Osteolysen bei
multiplen Myelomen oder bei Hyperkalzämie im Rahmen maligner Erkrankungen. In
einer New Yorker Klinik für Mund- und Kieferchirurgie fiel jetzt eine Gruppe
von Patienten mit nekrotischen Läsionen des Kiefers auf, denen eine klinische
Eigenschaft gemeinsam war: sie hatten alle eine Dauertherapie mit den auch in
Deutschland zugelassenen Bisphosphonaten Pamidronat (Aredia®),
Zoledronat (Zometa®) oder Alendronat (Fosamax®) erhalten
(1; 2). Eine retrospektive Analyse aller Patienten zwischen Februar 2001 und
November 2003 mit refraktärer Osteomyelitis und anamnestisch einer Therapie mit
Bisphosphonaten ergab 63 Patienten mit einer solchen Vorgeschichte. Von den 63
Patienten hatten 56 eine intravenöse Therapie für mindestens ein Jahr
erhalten, und sieben Patienten erhielten eine orale Langzeittherapie. Die
Grunderkrankungen waren in 44 Prozent multiple Myelome, 32 Prozent
Mammakarzinome, 13 Prozent Osteoporose, 5 Prozent Prostatakarzinome und 6
Prozent andere Erkrankungen. Die Läsionen waren typischerweise nicht heilende
Extraktionswunden oder ein freiliegender Kieferknochen,jeweils refraktär
gegenüber konservativem Debridement oder antibiotischer Therapie. Eine
australische (3) und eine amerikanische Publikation (4) hatten im Jahre 2003
erstmals (Letter) auf die Problematik hingewiesen.
Osteonekrosen des Kiefers (avaskuläre Nekrosen) sind gekennzeichnet durch
Verlust oder Zerstörung des Knochens unter den Zähnen. Die Biopsien ergaben
keinen Hinweis auf Metastasen beziehungsweise Osteolysen, wie man es bei den
entsprechenden Grundkrankheiten differenzialdiagnostisch annehmen könnte.
Klinisch imponierten die Nekrosen wie dentale Abszesse,
"Zahnschmerzen" oder wunde Stellen im Bereich des Zahnfleisches.
Zahnextraktionen stehen häufig am Beginn der Episoden dieser nichtheilenden
Nekrosen. Der Kausalzusammenhang der Osteonekrosen des Kiefers mit
Bisphosphonaten ist nicht gesichert. Andere Faktoren, wie Begleittherapien
(Chemotherapie, Radiatio, Corticosteroide) oder patientenseitige Faktoren
(Anämie, Infektionen, vorbestehende kieferchirurgische Erkrankungen) können
eine Rolle spielen.
Die amerikanische Zulassungsbehörde FDA hat bereits für Pamidronsäure (Aredia®)und
Zoledronsäure (Zometa®) diese bislang unbekannte unerwünschte
Arzneimittelwirkung (UAW) in die Gebrauchsinformationen aufnehmen lassen. Die
Autoren der New Yorker Studie weisen darauf hin, dass Ärzte angesichts der
steigenden Verordnungen von Bisphosphonaten verstärkt auf derartige UAW achten
sollten. Ein Problem dabei scheint zu sein, dass sich betroffene Patienten
möglicherweise nicht an den die Bisphosphonate verordnenden Arzt, sondern an
den Zahnarzt beziehungsweise Kieferchirurgen wenden und die unerwünschten
Arzneimittelwirkungen auf diese Weise nicht als solche erkannt werden.
Zahnärzte bzw. Kieferchirurgen sind deshalb besonders zur Aufmerksamkeit
gegenüber diesen UAW aufgefordert.
Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch
Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im
Deutschen Ärzteblatt auf de vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen
verwenden oder diesen unter der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.
Literatur
1. Ruggiero SL, Mehrotra B, Rosenberg TJ, Engroff SL: Osteonecrosis of the
jawsassociated with the use of bisphosphonates: a review of 63 cases. J Oral
MaxillofacSurg 2004; 62: 527-534.
2. Schwartz HC: Osteonecrosis and bisphosphonates: correlation versus
causation. J Oral Maxillofac Surg 2004; 62: 763-764.
3. Carter GD, Goss AN: Bisphosphonates and avascular necrosis of the jaws.
Aust Dent J 2003; 48: 268.
4. Marx RE: Pamidronate (Aredia) and zoledronate (Zometa) induced
avascularnecrosis of the jaws: a growing epidemic. J Oral Maxillofac Surg 2003;
61: 1115-1117.