Pseudodemenz/Delir nach Anwendung von Ibuprofen (UAW-News International)

Die AkdÄ möchte Sie im Folgenden über Publikationen und Meldungen aus dem

internationalen Raum informieren und hofft, Ihnen damit nützliche Hinweise auch

für den Praxisalltag geben zu können. Ibuprofen-haltige Arzneimittel stehen an

zweiter Stelle der Verordnungshäufigkeit nichtsteroidaler Antiphlogistika

innerhalb der GKV. Sie verzeichneten auch im Jahr 2002 wieder einen deutlichen

Verordnungszuwachs um 13,7 Prozent auf 160,9 Mio. DDD (2). Hinzu kommt ein

großer Anteil niedrig dosierter, nicht verschreibungspflichtiger Präparate im

Rahmen der Selbstmedikation. Wenn auch die Verträglichkeit von Ibuprofen im

Allgemeinen als relativ gut gilt, so scheinen neuropsychiatrische Störungen

nicht ganz selten vorzukommen. Nach den bislang im deutschen

Spontanerfassungssystem für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (gemeinsame

Datenbank von BfArM und AkdÄ; Datenstand: 20.04.2004) zu Ibuprofen seit 1990

erfassten 842 Meldungen wurden gastrointestinale Störungen mit 74,6 Prozent am

häufigsten berichtet, gefolgt von generalisierten Störungen (42,2 Prozent) und

Hautreaktionen (27,9 Prozent). Störungen des ZNS wurden in 22,4 Prozent und

psychiatrische Störungen in 13,1 Prozent der Berichte genannt. Es wurde jetzt

über einen 76-jährigen Patienten berichtet (1), der wegen einer Gonarthrose

Ibuprofen erhielt. Zwei Wochen vor einer bevorstehenden Reise begann der Patient

zur Linderung der Kniebeschwerden Ibuprofen in einer Dosis von täglich 3 × 600

mg einzunehmen. Dabei handelt es sich um eine relativ hohe, jedoch nicht

überhöhte Dosis. Die vom Hersteller angegebene Maximaldosierung beträgt 2 400

mg/Tag. Drei Wochen nach Beginn dieser Therapie bemerkte die Familie des

Patienten, dass er verwirrt war und erhebliche Störungen des

Kurzzeitgedächtnisses zeigte. Diese Symptomatik hielt für etwa zwei Wochen an.

Dann kehrte der Patient von seiner Reise zurück und setzte Ibuprofen ab.

Daraufhin verschwanden die Symptome, die als medikamenteninduzierte Pseudodemenz

bzw. Delir interpretiert werden können, innerhalb einer Woche vollständig.

Sechs Monate später, bevor der Patient sich wieder auf eine Auslandsreise

begeben wollte, begann er erneut Ibuprofen in einer Dosierung von 800 bis 1 200

mg/Tag einzunehmen. Eine Woche nach Therapiebeginn kam es zu

Verwirrtheitszuständen und zu einem Verlust des Kurzzeitgedächtnisses. Der

Patient beendete die Ibuprofen-Einnahme nach drei Wochen, und eine Woche später

war der psychopathologische Status wieder völlig unauffällig. Zusätzlich

erhielt der Patient Antihypertensiva, ASS und Vitamine als Dauermedikation. Der

vorstehende Fall illustriert erneut, dass durch NSAR psychiatrische UAW

ausgelöst werden können, auch wenn die zeitliche Koinzidenz von Auslandsreise

und Auftreten der Pseudodemenz/Delir-artigen Zustände auffällig ist. Im

deutschen Spontanerfassungssystem finden sich unter den zu Ibuprofen berichteten

psychiatrischen UAW auch einige Fälle über Verwirrtheits- und Angstzustände,

Unruhe, psychotische Reaktionen, Halluzinationen, Konzentrationsstörungen und

Amnesie. In den Fachinformationen der Hersteller werden u. a. Schlafstörungen,

Erregungszustände, Reizbarkeit, Müdigkeit, psychotische Reaktionen und

Depressionen genannt (3). Auch in der Literatur finden sich immer wieder

Berichte über kognitive Störungen unter NSAR, insbesondere bei älteren

Patienten (4, 5). Im Hinblick auf die sehr häufige Verwendung von Ibuprofen

erscheint es geboten, auf diese möglichen Reaktionen hinzuweisen. Bei einer

plötzlich auftretenden psychischen Veränderung eines Patienten, insbesondere

auch bei Störungen des Kurzzeitgedächtnisses, sollte nach der Einnahme von

Ibuprofen bzw. anderen NSAR gefragt werden. Bitte teilen Sie der AkdÄ alle

beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den

in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten

Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen unter der

AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.