Fumaderm® ist zugelassen zur systemischen Behandlung von mittelschweren und schweren Formen der Psoriasis vulgaris (Ausdehnung der Psoriasisherde über mehr als 5–10 % der Hautoberfläche), sofern eine alleinige äußerliche Therapie nicht ausreichend ist (1). Es enthält als wirksame Bestandteile Dimethylfumarat und drei Salze der Ethylhydrogenfumarsäure. Fumaderm® entfaltet seine Wirksamkeit in der Behandlung der Psoriasis über immunmodulatorische und antientzündliche Effekte. Der Wirkmechanismus ist nicht endgültig geklärt. Unter anderem konnte gezeigt werden, dass die Bindung des nukleären Transkriptionsfaktors kappa B im Zellkern gehemmt, die Apoptose aktivierter T-Zellen induziert und die Konzentration proentzündlicher Zytokine verringert wird (2–4). In Deutschland ist Fumaderm® mit 3,4 Mio. DDD das am häufigsten eingesetzte orale Psoriasismittel, während es in einigen anderen Ländern, wie z. B. den USA und Großbritannien, derzeit nicht zugelassen ist (5).
Der AkdÄ wurde der Fall eines 62-jährigen Patienten gemeldet, der wegen einer seit über 35 Jahren bestehenden Psoriasis mit Gelenkbeschwerden ab März 2006 mit Fumaderm® behandelt wurde (AkdÄ-Fall Nr. 148377). Vorausgegangen waren neben lokalen Therapien systemische Behandlungen mit Methotrexat und Etretinat (Tigason®, außer Handel), die jeweils aufgrund unerwünschter Arzneimittelwirkungen beendet wurden. Unter der Therapie mit Fumaderm® heilte die Psoriasis komplett ab, sodass die Gabe auf eine Erhaltungsdosis von einer Tablette pro Tag (empfohlene Tageshöchstdosis: sechs Tabletten) reduziert werden konnte. Bei dem Patienten entwickelte sich im Laufe der Behandlung eine Lymphozytopenie mit einer minimalen Lymphozytenzahl von etwa 500/µl (Referenzbereich 1400 bis 3700/µl). Die Leukozytenzahl war durchgängig im unteren Normbereich. Im April 2008 fielen im Bereich des Ohrläppchens mehrere livide Papeln auf, die zur diagnostischen Klärung biopsiert wurden. Immunhistologisch konnte ein Kaposi-Sarkom mit Nachweis von humanem Herpesvirus Typ 8 gesichert werden. Eine HIV-Infektion wurde ausgeschlossen. In der bildgebenden und endoskopischen Diagnostik ergaben sich keine Hinweise auf eine Metastasierung. Fumaderm® wurde abgesetzt, und die Kaposi-Sarkome bildeten sich ohne weitere Therapiemaßnahmen zurück.
Zu den sehr häufigen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (bei mehr als 1 von 10 Behandelten) von Fumaderm® zählen Gesichtsrötung und Hitzegefühl (Flush), Durchfall sowie leichte Formen der Leukozytopenie und Lymphozytopenie. Schwere Formen der Lymphozytopenie (Lymphozyten < 500/µl) wie im vorliegenden Fall werden bei etwa 3 % der Behandelten berichtet (1). In der Datenbank des deutschen Spontanmeldesystems (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand August 2009) sind 344 Berichte über unerwünschte Arzneimittelreaktionen erfasst. Die am häufigsten gemeldeten Reaktionen sind Lymphozytopenie und Eosinophilie sowie Erhöhungen der Leberwerte und des Kreatinins im Serum. Weitere Berichte über Kaposi-Sarkome unter der Therapie findet man nicht.
Das Kaposi-Sarkom ist eine angioproliferative Erkrankung, die in Verbindung mit einer Infektion mit dem humanen Herpesvirus Typ 8 (HHV-8) und einem Immundefekt auftritt (6). HHV-8 gehört zur selben Untergruppe von Herpesviren wie das Ebstein-Barr-Virus (EBV), jedoch tritt es im Gegensatz zu anderen humanen Herpesviren nicht ubiquitär auf. Die Infektionsraten bei Blutspendern variieren zwischen 0,2 % in Japan, bis zu 10 % in den USA und über 50 % in einigen afrikanischen Ländern. In Europa werden in den Mittelmeerländern die höchsten Infektionsraten beobachtet. In Deutschland ist das Kaposi-Sarkom vor allem in Verbindung mit einer HIV-Infektion oder einer medikamentös induzierten Immunsuppression, z. B. nach Organtransplantation, von Bedeutung. Im vorliegenden Fall kann davon ausgegangen werden, dass die durch Fumaderm® induzierte Immunsuppression mit Lymphozytopenie zu der Erkrankung geführt hat. Hierfür spricht besonders die spontane Rückbildung der Läsionen nach Absetzen des Medikaments.
Aufgrund der möglichen unerwünschten Wirkungen von Fumaderm® auf das Blutbild sowie auf die Leber- und Nierenfunktion sind vor und während einer Behandlung Untersuchungen der entsprechenden Laborparameter notwendig. Entsprechend der Fachinformation sind vor der Therapie das Blutbild (einschließlich Differenzialblutbild), GOT, GPT, GGT, Serumkreatinin, Protein im Urin sowie Harnsediment zu kontrollieren. In den ersten drei Monaten der Behandlung soll das Blutbild alle zwei Wochen, danach alle vier Wochen bestimmt werden. Die genannten Leber- und Nierenwerte sollen in den ersten vier Wochen 14-tägig, danach einmal pro Monat kontrolliert werden. Bei starker Abnahme der Leukozytenzahl bzw. Werten unter 3000/µl und bei jedem Kreatininanstieg ist die Therapie abzubrechen (1). Hinweise zu den erforderlichen Kontrollen bei Behandlung mit Fumaderm® findet man auch in den S3-Leitlinien zur Behandlung der Psoriasis (7).
Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den Berichtsbogen verwenden, der regelmäßig im Deutschen Ärzteblatt abgedruckt wird oder über die Homepage der AkdÄ abrufbar ist. Es besteht auch die Möglichkeit, über www.akdae.de direkt online einen UAW-Verdachtsfall zu melden.
Literatur
- Biogen Idec GmbH: Fachinformation "Fumaderm® initial/Fumaderm®". Stand: Februar 2009.
- Gerdes S, Shakery K, Mrowietz U: Dimethylfumarate inhibits nuclear binding of nuclear factor kappaB but not of nuclear factor of activated T cells and CCAAT/enhancer binding protein beta in activated human T cells. Br J Dermatol 2007; 156: 838–42.
- Lehmann JC, Listopad JJ, Rentzsch CU et al.: Dimethylfumarate induces immunosuppression via glutathione depletion and subsequent induction of heme oxygenase 1. J Invest Dermatol 2007; 127: 835–45.
- Treumer F, Zhu K, Glaser R, Mrowietz U: Dimethylfumarate is a potent inducer of apoptosis in human T cells. J Invest Dermatol 2003; 121: 1383–8.
- Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2008. Heidelberg: Springer Medizin Verlag, 2008.
- Antman K, Chang Y: Kaposi's sarcoma. N Engl J Med 2000; 342: 1027–38.
- Deutsche Gesellschaft für Dermatologie: Therapie der Psoriasis vulgaris: www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/013-001.htm. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften: AWMF-Leitlinien-Register Nr. 013/001. Letzte Überarbeitung: Januar 2007.