Schwere Leberschäden unter Chelidonium ("Aus der UAW-Datenbank")

Zu den Aufgaben der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) gehören

die Erfassung, Dokumentation und Bewertung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW).

Die AkdÄ möchte Sie regelmäßig zu speziellen Fragen der Arzneimittelsicherheit

informieren und hofft, Ihnen damit wertvolle Hinweise für den Praxisalltag geben zu

können.

Schöllkraut (Chelidonium majus) enthält das Alkaloid Chelidonin, das choleretisch und

spasmolytisch wirken soll. Tierexperimentelle Befunde zeigen eine sehr viel geringere

spasmolytische Wirkung als z. B. Papaverin. Dennoch wurden im Jahr 2001 in der

Bundesrepublik von einem dieser Präparate (Panchelidon®) 1,0 Millionen DDD verordnet

(1). Chelidonin wird in den gängigen pharmakologischen Lehrbüchern deutscher Sprache

nicht aufgeführt und findet sich z. B. auch nicht in einem umfangreichen internationalen

Standardwerk (2). Somit scheint es sich um ein entbehrliches Medikament zu handeln. So

überflüssig diese Präparate sind, so werden sie doch nach der Beobachtung der

praktischen Ärzte in der Arzneimittelkommission von manchen Patienten energisch

gefordert.

Der AkdÄ liegen über 60 UAW-Meldungen zu Chelidonium-Präparaten vor. Über 40 beziehen

sich auf „Leberschäden“. Während viele Kollegen allein „Hepatitis“

angeben (21-mal), spezifizieren 12 ihre Fälle als „cholestatisch“. In einem

Fall wird ein tödliches Leberversagen berichtet. Die restlichen Meldungen beziehen sich

auf „erhöhte Leberenzyme“, „Bilirubinämie“ und

„Leberzellschädigung“. In den Fachinformationen und in der Literatur sind

entsprechende UAW beschrieben. Die AkdÄ hatte bereits im Oktober 1998 über

„Hepatitis nach Schöllkraut-Extrakt“ berichtet (3).

Für Schöllkrautpräparate und andere so genannte Cholagoga stehen valide klinische

Wirksamkeitsnachweise aus (4). Die Datenlage ist äußerst dürftig. Auch können

tückischerweise durch die möglichen hepatischen oder biliären Nebenwirkungen

Chelidonium-haltiger Präparate Symptome der Grundkrankheit verstärkt und die UAW dadurch

maskiert werden. Deshalb rät die AkdÄ im Hinblick auf die teilweise schweren UAW davon

ab, Schöllkraut-Extrakte anzuwenden.

Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit.

Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der

vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der

AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.

Literatur

1. Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2002

2. Drug facts and comparisons 2001, St. Louis, USA

3. Aus der UAW-Datenbank der AkdÄ: Hepatitis nach Schöllkrautextrakt. Dtsch Arztebl

1998; 95: A-2790, Heft 44

4. Schultz V, Hänsel R: Rationale Phytotherapie, 4. Auflage 1999

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Aachener Straße 233–237, 50931

Köln, Telefon: 02 21/40 04-5 28, Fax: -5 39, E-Mail: akdae@t-online.de