Propofol ist ein kurz wirkendes intravenöses Anästhetikum. Es wird angewendet zur Einleitung und Aufrechterhaltung von Narkosen, zur Sedierung von beatmeten Patienten in der Intensivmedizin sowie zur Sedierung während chirurgischer Eingriffe und Endoskopien. Die AkdÄ hat in mehreren Bekanntgaben auf seltene unerwünschte Wirkungen der Substanz wie das Propofol-Infusionssyndrom (PRIS), sogenannte Bad trips und Krampfanfälle hingewiesen (1–3). Aufgrund der Darreichungsform als Öl-in-Wasser-Emulsion des in Wasser praktisch unlöslichen Propofol wird das Wachstum von Mikroorganismen begünstigt. Die mikrobielle Kontamination, z. B. durch unsachgemäße Handhabung, kann zu schweren septischen Komplikationen führen (4, 5). Obwohl die Problematik seit Langem bekannt ist und zahlreiche Fallberichte publiziert wurden, lassen sich immer wieder Häufungen von Fällen beobachten, die möglicherweise mit der zunehmenden Anwendung von Propofol in Zusammenhang stehen.
Der AkdÄ wurden kürzlich sieben Fälle von septischen Komplikationen nach Gabe von Propofol gemeldet, die 2005 aufgetreten waren. Die betroffenen Patienten waren zwischen 24 und 72 Jahren alt, und stellten sich im Laufe eines Tages mit Fieber und Schüttelfrost in der Rettungsstelle einer Klinik vor. Alle Patienten hatten sich am Tag der Aufnahme einer endoskopischen Diagnostik in derselben Praxis unterzogen und zur Sedierung Propofol erhalten. Bei einigen waren klinische und laborchemische Zeichen einer Sepsis vorhanden. Alle sieben Patienten wurden stationär aufgenommen. Zwei Patienten mussten intensivmedizinisch überwacht werden, und in einem Fall war eine passagere maschinelle Beatmung notwendig. Stationäre Behandlungen zwischen fünf und 23 Tagen waren erforderlich. Bei Untersuchung der näheren Umstände ergab sich der Verdacht, dass dieselbe Ampulle für mehrere Patienten eingesetzt wurde, nachdem sie bereits längere Zeit in Verwendung war. In einer sichergestellten Ampulle war Acinetobacter johnsonii nachweisbar. Eine Kontamination bei der Herstellung ließ sich durch eine Chargenprüfung ausschließen. Da bei keinem der Patienten ein Keimnachweis in Blutkulturen gelang, wird von einem allein durch die Endotoxine verursachten Geschehen ausgegangen.
Um mikrobielle Kontaminationen von Propofol zu verhindern, sollten folgende Empfehlungen für die Handhabung strikt eingehalten werden. Die Emulsion wird unter aseptischen Bedingungen unmittelbar nach dem Anbrechen in eine sterile Spritze oder eine sterile Verabreichungsapparatur aufgezogen. Gummistopfen werden zuvor mit Alkohol gereinigt. Mit der Verabreichung von Propofol muss unverzüglich begonnen werden. Der Inhalt von Spritzen, Durchstechflaschen oder Ampullen sowie die jeweiligen Infusionsbestecke sind nur zur einmaligen Anwendung bei einem Patienten bestimmt. Es soll noch einmal ausdrücklich betont werden, dass der Inhalt von Durchstechflaschen nicht für mehrere Patienten verwendet werden darf, auch wenn dies aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll erscheint. Wie bei Fettemulsionen üblich, darf eine Infusion aus einem Infusionssystem zwölf Stunden nicht überschreiten.
Einige propofolhaltige Präparate enthalten inzwischen als antimikrobiell wirksamen Zusatz EDTA (Dinatriumedetat). Die Notwendigkeit einer streng aseptischen Handhabung bleibt jedoch uneingeschränkt bestehen (6). In den USA sind Propofolpräparate zugelassen, die Metabisulfit oder Benzylalkohol zur Hemmung von Keimwachstum enthalten. Diese Zusätze können aber zu unerwünschten Wirkungen wie allergischen Reaktionen führen. Derzeit in Entwicklung sind propofolhaltige Nanoemulsionen und wasserlösliche Pro-Drugs von Propofol (7).
Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.
Literatur
- AkdÄ: Schwere unerwünschte Arzneimittelwirkungen nach Propofol-Infusionen zur Sedierung. Dtsch Arztebl 2004; 101: A 3447. VOLLTEXT
- AkdÄ: Sexuelle Phantasien bei kurzen Eingriffen unter Narkose. Dtsch Arztebl 1998; 95(12): 691. VOLLTEXT
- AkdÄ: Verzögert auftretende Krampfanfälle nach Propofol – Vorsicht besonders beim ambulanten Operieren! Dtsch Arztebl 1994; 91(10): 666.
- Bennett SN, McNeil MM, Bland LA et al.: Postoperative infections traced to contamination of an intravenous anesthetic, propofol. N Engl J Med 1995; 333: 147–54. MEDLINE
- McNeil MM, Lasker BA, Lott TJ, Jarvis WR: Postsurgical Candida albicans infections associated with an extrinsically contaminated intravenous anesthetic agent. J Clin Microbiol 1999; 37: 1398–403. MEDLINE
- Jansson JR, Fukada T, Ozaki M, Kimura S: Propofol EDTA and reduced incidence of infection. Anaesth Intensive Care 2006; 34: 362–8. MEDLINE
- Wang H, Cork R, Rao A: Development of a new generation of propofol. Curr Opin Anaesthesiol 2007; 20: 311–5. MEDLINE