Quetiapin gehört zu den so genannten atypischen Neuroleptika. Es ist zur Behandlung der Schizophrenie und von mäßigen bis schweren manischen Episoden zugelassen. In Deutschland wurde es 2004 mit 9,3 Mio. DDD verordnet und stand somit nach Olanzapin, Risperidon und Clozapin an vierter Stelle in der Verordnungshäufigkeit bei dieser Substanzgruppe (1).
US-Autoren berichten nun über einen Patienten afroamerikanischer Abstammung, der wegen einer bipolaren Erkrankung und Schizophrenie Quetiapin (2 × 50 mg/Tag) von einem niedergelassenen Psychiater verordnet bekommen hatte (2). Fünf Tage später stellte er sich in einem Notfallzentrum vor und berichtete über diffuse abdominale Schmerzen und rot gefärbten Urin. Fieber und Zeichen der Blutungsneigung lagen nicht vor. Der Hämoglobin-Wert lag bei 11,9 g/dl, die Thrombozytenzahl betrug 71.000/mm3, das Kreatinin 1,9 mg/dl und die LDH 251 U/dl. Am dritten Tag fiel die Thrombozytenzahl auf 14.000/mm3, das Hämoglobin betrug 10,5 g/dl, die LDH stieg auf 408 U/dl, und im Blutbildausstrich waren fragmentierte Erythrozyten (Schistozyten) nachweisbar. Es wurde eine thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) diagnostiziert und eine Plasmapherese-Behandlung begonnen (3). Nach drei täglichen Plasmapheresen stieg die Thrombozytenzahl auf 155.000/mm3, und die LDH fiel bei gleich bleibendem Hb auf 174 U/dl.
Bei genauem Studium der Krankenakte stellte sich heraus, dass der Patient bereits zwei Jahre vorher wegen diffuser abdominaler Schmerzen schon einmal aufgenommen worden war. Drei Tage vor der damaligen Aufnahme war Quetiapin angesetzt worden. Die Thrombozytenzahl betrug damals 19.000/mm3. Er wurde mit intravenösen Immunglobulinen und Prednison intravenös unter der Annahme einer Immunthrombozytopenie (ITP) behandelt. Drei Tage nach Behandlungsbeginn lagen die Thrombozyten bei 3.000/mm3, das Hämoglobin war von Normalwert auf 10 g/dl gefallen, die LDH auf 738 U/dl gestiegen, und im Blutbildausstrich waren zahlreiche Schistozyten erkennbar. Nach Beginn einer Plasmapherese-Therapie wegen Verdachts auf TTP stiegen innerhalb von drei Tagen die Thrombozyten auf 238.000 mm3.
Im deutschen Spontanmeldesystem (gemeinsame Datenbank von BfArM und AkdÄ, Stand: 14.06.2006) sind 448 Verdachtsfälle unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) nach Gabe von Quetiapin erfasst. Während sich ein Großteil der Meldungen auf UAW im Bereich des zentralen und peripheren Nervensystems (57,4 Prozent) sowie psychiatrischer Störungen (52,2 Prozent) bezieht, sind Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems mit 23,7 Prozent verzeichnet. Eine Thrombozytopenie findet sich in zehn Fällen (2,2 Prozent).
In der Fachinformation wird das Auftreten einer Leukopenie als häufig (> 1/100), einer Neutropenie als sehr selten (< 1/10.000) angegeben (4). Eine Thrombozytopenie als mögliche UAW wird nicht genannt. In Anbetracht möglicher unerwünschter Wirkungen auf das Blutbild müssen Blutbildkontrollen zu Beginn der Therapie erfolgen. Eine Suche in der Datenbank der Food and Drug Administration (Adverse Event Reporting System) ergab drei Fälle mit TTP, die unter alleiniger Therapie mit Quetiapin aufgetreten waren (2). Auf der Basis der WHO-Datenbank sollte geklärt werden, ob sich der beschriebene Verdacht bei Betrachtung weltweit erhobener Spontanmeldungen bestätigen lässt. Gegebenenfalls sollte die Fachinformation ergänzt werden.
Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.
Literatur1. Schwabe U, Paffrath D (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2005. Springer Medizin Verlag Heidelberg 2006.
2. Huynh M, Chee K, Lau DH: Thrombotic thrombocytopenic purpura associated with quetiapine. Ann Pharmacother 2005; 39: 1346-8.
3. George JN: Thrombotic thrombocytopenic purpura. N Engl J Med 2006; 18: 1927-35.
4. Fachinformation Seroquel® Filmtabletten, Juni 2005.