Drug Safety Mail 2018-25

Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) vom 01.06.2018

Information der FDA zu Lamotrigin: Überschießende Reaktion des Immunsystems

Lamotrigin ist zugelassen zur Behandlung von Epilepsien bei Patienten ab zwei Jahren sowie zur Behandlung von bipolaren Erkrankungen bei Erwachsenen. Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde (Food and Drug Administration, FDA) informiert über das seltene aber schwerwiegende Risiko der hämophagozytischen Lymphohistiozytose (HLH) im Zusammenhang mit Lamotrigin, die durch eine Überaktivierung des Immunsystems lebensbedrohlich werden kann. Die HLH kann innerhalb von Tagen bis Wochen nach Behandlungsbeginn auftreten (1).

Bei der erworbenen Form der HLH können verschiedene Trigger (infektiöse, autoimmune, maligne Erkrankungen) zur überschießenden Aktivierung des Immunsystems führen, die mit Hyperinflammation, Zytokinsturm und immunvermittelten Organschäden einhergeht. Kernsymptome sind anhaltendes Fieber, Bi- oder Panzytopenie sowie Hepatosplenomegalie. Da die Symptome unspezifisch sind, ist die Abgrenzung zu anderen Erkrankungen oft schwierig (2;3).

Die Diagnose der HLH wird gestellt, wenn ein Patient fünf der folgenden acht Symptome aufweist (4):

  • Fieber und Hautausschlag
  • Splenomegalie
  • Zytopenien
  • Hypertriglyzeridämie oder Hypofibrinogenämie
  • stark erhöhte Ferritinwerte im Blut
  • mikroskopisch Hämophagozytose in Knochenmark, Milz oder Lymphknoten
  • Aktivität von natürlichen Killerzellen erniedrigt oder nicht nachweisbar
  • löslicher Interleukin-2-Rezeptor (CD25) im Blut erhöht

Die HLH wurde in Zusammenhang mit der Einnahme von Lamotrigin beobachtet. Die frühzeitige Diagnose und immunmodulatorische/immunsuppressive Therapie sind entscheidend für die Prognose (Mortalität unbehandelt: 95 % (2)) Bei Auftreten von unerklärtem Fieber oder Hautausschlag sollten Patienten umgehend untersucht werden. Wenn HLH oder andere schwere Immunreaktionen als Ursache vermutet werden, sollte die Gabe von Lamotrigin beendet werden. Patienten bzw. ihre Eltern/Pflegeberechtigten sollten über diese seltene unerwünschte Wirkung aufgeklärt und ihnen nahegelegt werden, dass sie bei Auftreten von Symptomen der HLH umgehend einen Arzt aufsuchen (1).

Literatur:

  1. FDA: Lamictal (lamotrigine): Drug Safety Communication - Serious Immune System Reaction: www.fda.gov/Safety/MedWatch/SafetyInformation/ SafetyAlertsforHumanMedicalProducts/ucm605628.htm. Drug Safety Communication, 25. April 2018.
  2. Lachmann G, La Rosee P, Schenk T et al.: Hämophagozytische Lymphohistiozytose: Diagnostische Herausforderung auf der ITS. Anaesthesist 2016; 65: 776-786.
  3. Janka G, Beutel K, Christopeit M et al.: Hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH). Empfehlungen der Fachgesellschaft zur Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen. DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V., März 2014.
  4. Henter JI, Horne A, Arico M et al.: HLH-2004: Diagnostic and therapeutic guidelines for hemophagocytic lymphohistiocytosis. Pediatr Blood Cancer 2007; 48: 124-131.