Information von Pharma Deutschland: Gefährliche „Paracetamol Challenge“

Drug Safety Mail 2025-07

Pharma Deutschland weist in einer aktuellen Mitteilung auf die Gefahren einer sogenannten „Paracetamol Challenge“ hin (1).  Bei dieser nehmen Jugendliche bewusst über der zugelassenen Dosierung liegende Mengen an Paracetamol ein und berichten davon in den Sozialen Medien. Ziel sei es, eine möglichst hohe Dosis zu überleben.

Paracetamol ist in einer Gesamtwirkstoffmenge von bis zu 10 g je Packung zur symptomatischen Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen wie Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, Regelschmerzen und/oder von Fieber ohne Rezept erhältlich. Eine missbräuchliche Einnahme von hohen Dosen von Paracetamol, die die zugelassene Dosierung um ein Vielfaches überschreiten, kann zu schwerwiegenden Leberschäden mit tödlichem Ausgang führen.

Paracetamol wird in der Leber vorwiegend über die Konjugation mit Glucuronsäure und Schwefelsäure metabolisiert. Ein geringer Teil wird über Cytochrom P450 CYP2E1 u. a. zu dem hochreaktiven, toxischen N-Acetyl-p-benzochinonimin (NAPQI) metabolisiert. NAPQI wird jedoch bei therapeutischen Dosierungen von Paracetamol durch die Konjugation mit Glutathion unmittelbar inaktiviert und kann daher keinen Leberschaden erzeugen. Bei einer Paracetamolintoxikation ist aufgrund eines relativen Glutathionmangels die Kapazität der Leber zur Konjugation von NAPQI überschritten, sodass dieser toxische Metabolit an hepatozelluläre Proteine binden und so seine zytotoxische Wirkung mit dem Resultat von Leberzellnekrosen entfalten kann. Durch die geringe Geschwindigkeit der Stoffwechselprozesse kann bis zum Auftreten von Symptomen eine Latenzzeit von bis zu mehreren Stunden bestehen (1, 2).

Der Verlauf einer Paracetamol-Vergiftung ist häufig schleichend, mit unspezifischen Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im Oberbauch. Patienten können in den ersten 24–48 Stunden symptomfrei sein.

Um die Konjugation von NAPQI auch bei Erschöpfung der endogenen Glutathionreserven zu ermöglichen, steht das Antidot Acetylcystein als SH-Gruppen-Donator zur Verfügung. Die Notwendigkeit einer spezifischen Antidotbehandlung kann durch das Rumack-Mathew-Nomogramm (3), das die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung der Leber angibt, ermittelt werden.  Für die Benutzung des Nomogramms benötigt man allerdings die Konzentrationsbestimmung von Paracetamol im Blut, die in der klinischen Praxis nicht immer zeitnah zur Verfügung steht. Angesichts der Irreversibilität der durch NAPQI verursachte Leberzellnekrose ist bereits beim hinreichenden Verdacht auf eine Paracetamol-Überdosierung die intravenöse Gabe von Acetylcystein indiziert.
 
Pressemitteilung von Pharma Deutschland vom 06.02.2025
 

Literatur

  1. A Pharma GmbH: Fachinformation „Paracetamol 500 - 1 A Pharma”; April 2022.
  2. Wallace CI, Dargan PI, Jones AL. Paracetamol overdose: an evidence based flowchart to guide management. Emerg Med J 2002; 19(3):202-5. doi: 10.1136/emj.19.3.202.
  3. Rumack BH, Peterson RC, Koch GG, Amara IA. Acetaminophen overdose: 662 cases with evaluation of oral acetylcysteine treatment. Arch Intern Med 1981; 141:380–5. doi: 10.1001/archinte.141.3.380.