Besseres Überleben unter Metformin?

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 3/2018

Better survival with metformin?

Autor

Zusammenfassung

Wir berichten über eine Beobachtungsstudie (1) bezüglich der Sterblichkeit von Typ-2-Diabetikern, die entweder alleine mit Metformin oder mit Sulfonylharnstoffen ihre medikamentöse antidiabetische Behandlung begonnen hatten.

Abstract

We report an observational study (1) which has investigated whether mortality risk differed after monotherapy of either metformin or sulfonyurea.

Der Mechanismus für die Entstehung von Laktatazidosen durch Metformin wurde vor Kurzem verstanden (2). Das Risiko für die Entstehung dieser Azidosen hängt vom Ausmaß der Nierenfunktion und von der Dosierung des Metformin ab (3). Früher scheint das Risiko von Laktatazidosen überschätzt worden zu sein. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass Laktatazidosen, bei denen erhöhte Spiegel von Metformin nachgewiesen werden, eine bessere Prognose haben als Laktatazidosen anderer Ursache (4). Bei Patienten mit höchstgradiger Niereninsuffizienz (GFR < 15 ml/min) wurde in Taiwan kein erhöhtes Risiko für Laktatazidosen festgestellt (5). Die Grenzwerte der Nierenfunktion für die Verordnung von Metformin wurden von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) erst kürzlich heruntergesetzt (6): Es kann jetzt bis zu einer GFR von 30 ml/min mit 2 x 500 mg verabreicht werden.

Eine neue Beobachtungsstudie (1) vergleicht für Patienten mit chronischer Nierenerkrankung und Typ-2-Diabetes die Sterblichkeit zwischen Patienten, die eine Monotherapie mit Sulfonylharnstoffen oder mit Metformin begonnen hatten. Eingeschlossen in diese Studie wurden Patienten (Veteranen), die zwischen 2004 und 2009 mindestens ein Jahr vor Studienbeginn mit einer Monotherapie mit Metformin oder einem Sulfonyharnstoffpräparat angefangen hatten. Sämtliche Informationen zur Therapie und dem primären Endpunkt Tod wurden den elektronischen Patientenakten entnommen, die eGFR wurde nach CKD-epi (7) berechnet. Aufgenommen wurden nur Patienten mit einer Ersttherapie des Diabetes mellitus – sie durften vorher keine andere medikamentöse Behandlung ihres Diabetes erhalten haben. Patienten mit einer eGFR < 30 ml/min wurden wegen ihrer geringen Anzahl ebenfalls nicht berücksichtigt. Erfasst wurden Tod, Beendigung der Monotherapie oder Beginn einer anderen diabetischen Therapie. Die Beobachtungszeit dauerte vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2009.

Bei 175.296 Patienten, die entweder Metformin oder Sulfonylharnstoffe erhalten hatten, gab es 5121 Todesfälle. Es wurde eine geringere Sterblichkeit unter Metformin in allen GFR-Gruppen gefunden. Besonders stark sank die Sterblichkeit bei der Gruppe eGFR = 30–44 ml/min (12,1 weniger Tote/1000 Patientenjahre, Konfidenzintervall 5,2–19,0). Die Analyse wurde um potenzielle Confounder adjustert: Alter, Nebenerkrankungen, kardiovaskuläre Medikation und andere. Die Hazard Ratio betrug zwischen 0,59 und 0,80 über die verschiedenen Grade der Niereninsuffizienz, d. h. unter Metformin war das Risiko zu sterben geringer (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Hazard Ratio (HR) bei Patienten, die entweder Metformin oder Sulfonylharnstoffe erhalten hatten (Einteilung der eGFR nach: (6))


Fazit für die Praxis

Auch in dieser Beobachtungsstudie stellte sich heraus: Der Beginn einer medikamentösen antidiabetischen Therapie mit Metformin scheint eine gute Idee zu sein, die Patienten profitieren davon bezüglich ihres Überlebens. Das Risiko einer Laktazidose scheint geringer zu sein als früher vermutet. Die Patienten sollten bei Therapieeinleitung über mögliche Symptome informiert werden.

Interessenkonflikte

Ein Interessenkonflikt wird vom Autor verneint.

Literatur
  1. Marcum ZA, Forsberg CW, Moore KP et al.: Mortality associated with metformin versus sulfonylurea initiation: a cohort study of veterans with diabetes and chronic kidney disease. J Gen Intern Med 2018; 33: 155-165.
  2. Madiraju AK, Erion DM, Rahimi Y et al.: Metformin suppresses gluconeogenesis by inhibiting mitochondrial glycerophosphate dehydrogenase. Nature 2014; 510: 542-546.
  3. Eppenga WL, Lalmohamed A, Geerts AF et al.: Risk of lactic acidosis or elevated lactate concentrations in metformin users with renal impairment: a population-based cohort study. Diabetes Care 2014; 37: 2218-2224.
  4. Lalau JD, Arnouts P, Sharif A, De Broe ME: Metformin and other antidiabetic agents in renal failure patients. Kidney Int 2015; 87: 308-322.
  5. Hung S-C, Chang Y-K, Liu J-S et al.: Metformin use and mortality in patients with advanced chronic kidney disease: national, retrospective, observational, cohort study. Lancet Diabetes Endocrinol 2015; 3: 605-614.
  6. EMA: Use of metformin to treat diabetes now expanded to patients with moderately reduced kidney function: www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Referrals_document/Metformin_31/WC500214235.pdf (letzter Zugriff: 14. Juni 2018). EMA/868987/2016; London, 12. Dezember 2016.
  7. Levey AS, Stevens LA, Schmid CH, et al.: A new equation to estimate glomerular filtration rate. Ann Intern Med 2009; 150: 604-612.