Impfstoffentwicklung zur Prävention nosokomialer Infektionen

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 1/2018

Vaccine development for prevention of nosocomial infections

Autorin

Zusammenfassung

Angesichts fehlender therapeutischer Optionen konfrontiert die globale Zunahme von Antibiotikaresistenzen Ärzte mit einer lange nicht mehr gekannten Hilflosigkeit. Die aktive und passive Immunisierung gegen multiresistente bakterielle Erreger könnte potenziell eine Alternative darstellen. Doch im Alltag stehen bisher noch keine Impfstoffe gegen nosokomiale Erreger, die zunehmend unempfindlich gegenüber Antibiotika sind, zur Verfügung. Die vorliegende Übersichtsarbeit basiert auf den Besonderheiten dieser Infektionen und den spezifischen Hürden bei der Entwicklung und Zulassung dieser biologischen Arzneimittel. Besondere Herausforderungen sind dabei 1) der kontinuierliche Eintrag aus Tier- und Umweltreservoiren, der einer Eradikation des Erregers allein durch Impfung des menschlichen Reservoirs entgegensteht; 2) regionale Unterschiede in der Stamm- bzw. Serotyp-Verteilung, die die Entwicklung eines global einsetzbaren Impfstoffs erschweren; 3) die asymptomatische Kolonisierung des menschlichen Körpers, die die Immunantwort durch kontinuierliche Exposition an den Erreger adaptiert; 4) die Tatsache, dass die Impfantwort bei der Hauptzielgruppe durch Immunseneszenz, Begleiterkrankungen und/oder iatrogener Immunsuppression eingeschränkt ist sowie 5) die Unvorhersehbarkeit des Auftretens der Infektion, die die Komplexität von Studiendesign und Patientenrekrutierung erhöht. Der daraus erwachsende Forschungs- und Entwicklungsbedarf wird an konkreten Beispielen erläutert. Perspektivisch gesehen sind – trotz aller Komplexität – neue und erfolgreiche Produktentwicklungen zu erwarten.

Abstract

In view of the missing therapeutic options the global increase in antibiotic resistances leaves physicians with a long time unknown sense of helplessness. Active and passive immunisation against multidrug resistant bacterial pathogens could represent a potential alternative. But, to date no vaccines targeting nosocomial pathogens that have increasingly become resistant against antibiotics are available. The present review focusses on the special characteristics of these infections and the specific hurdles in the development and licensing of these biomedicines. Specific challenges are 1) continuous entry from animal and environmental reservoirs that thwarts pathogen eradication from the human reservoirs with vaccination only; 2) regional differences in the distribution of strains and serotypes that hamper the development of a globally applicable vaccine; 3) asymptomatic colonisation of the human body that adapts the immune response to the pathogen through continuous exposure; 4) the fact that the vaccine response in the major target population is limited by immune senescence, accompanying illnesses and/or medical immune suppression; as well as 5) unpredictability of the manifestation of infection, which increases the complexity of study design and patient recruitment. The forthcoming goals for research and development are explained with concrete examples. Prospectively – despite all complexity – new and successful product developments are to be expected.

Hintergrund: Die Suche nach alternativen Therapien und Strategien gegen Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien

Mit zunehmender Antibiotikaresistenz bakterieller Infektionserreger rückt die Frage nach neuen Ansätzen zur Infektionstherapie und -prophylaxe in den Vordergrund. Eine aktive Impfung mit klassischen Impfstoffen oder eine passive Immunprophylaxe und -therapie durch Immunglobulingabe oder monoklonale Antikörper erscheinen im Kontext der zunehmenden Therapieunsicherheit bei nosokomialen Infektionen als mögliche Alternativen. Auch kann die rückläufige Antibiotikaresistenz bei Pneumokokken seit Einführung der Pneumokokken-Konjugatimpfung Hoffnungen wecken (1). Trotz vieler neuer Produktentwicklungen sind jedoch keine Impfstoffe gegen Erreger, wie z. B. Staphylococcus aureus, Vancomycin-resistente Enterokokken, Clostridium difficile, Acinetobacter spec. oder andere gramnegative Erreger wie multiresistente Enterobakterien (MRGN) verfügbar.

Bei der aktiven Immunisierung werden folgende Ziele verfolgt:

  1. Durch die Generierung von toxinspezifischen Antikörpern soll eine Toxinneutralisation erreicht werden, die entsprechende, toxinvermittelte Erkrankungen verhindern (Clostridium tetani, C. difficile) oder zumindest deren Schweregrad reduzieren (S. aureus mit Toxinen als besonderen Pathogenitätsfaktoren) kann.
  2. Die verbesserte Opsonophagozytose durch impfstoffantigenspezifische Antikörper ist Grundlage für eine raschere Elimination des Erregers durch Phagozyten und Komplementaktivierung (Beispiel: Polysaccharid-Konjugatimpfstoffe gegen S. aureus und Klebsiella pneumoniae);
  3. Neue Impfstrategien zielen auf die Induktion einer spezifischen T-Zellantwort ab, die für die Bekämpfung von intrazellulär persistierenden Erregern und der Kolonisation eine wichtige Rolle spielt.

Alle drei Strategien werden aktuell für die Konzeption und Entwicklung von Impfstoffen gegen nosokomiale Erreger genutzt. Auch sind Entwicklungen im Bereich der antiinfektiösen monoklonalen Antikörper von Interesse, die eine Neutralisierung von Toxinen oder eine Verbesserung der Opsonophagozytose zum Ziel haben, die jedoch ohne Effekt auf die T-Zellaktivierung keine dauerhafte Immunität vermitteln. Eine detaillierte Übersicht über den bisherigen Entwicklungstand von Impfstoffen und antiinfektiösen monoklonalen Antikörpern gegen nosokomiale Erreger findet sich bei Knisely et al. 2016, Pletz et al. 2016 und Sparrow et al. 2017 (2-4). Zu beachten ist, dass durch die intrazelluläre Lokalisation der resistenzvermittelnden bakteriellen Strukturen weder eine antikörpervermittelte Hemmung der Antibiotikaresistenz noch eine spezifische Opsonophagozytose resistenter Stämme durch eine Impfung erreicht werden kann. Lediglich für S. aureus gibt es Impfstoffentwicklungen, die sich gegen das alternative Penicillin-Bindeprotein richten, das die Betalaktamantibiotika-Resistenz bei MRSA vermittelt (5-7).

Der Schwerpunkt der vorliegenden Übersichtsarbeit liegt auf den Besonderheiten von nosokomialen Infektionserregern und den daraus erwachsenden Herausforderungen für die Impfstoffentwicklung. Besonderheiten bei der Entwicklung von immunbasierten Therapien gegen nosokomiale Infektionserreger sind prinzipiell: a) kontinuierlicher Eintrag aus Tier- und Umweltreservoiren; b) asymptomatische Kolonisation des Menschen mit diesen Erregern sowie deren Auswirkung auf die Immunantwort und das Auftreten der Infektionen; und c) eine für die Impfstoffentwicklung neue Patientenpopulation, d. h. vornehmlich ältere Menschen, die häufig immunkompromittiert sind.

Herausforderung 1: Multiple Erregerreservoire

Durch die gezielte Generierung eines spezifischen Immungedächtnisses können Impfungen nicht nur Menschen vor Infektionen schützen, sondern sogar Infektionserreger ausrotten. Im Vordergrund standen bisher stets Erreger, bei denen der Mensch als natürliches Reservoir fungierte; heute bezieht man auch das tierische Reservoir mit ein (One Health): Man erwägt somit die Impfung von Tieren vorrangig zum Schutz des Menschen und nicht des Tieres, das symptomloser Träger ist.

Multiresistente Bakterien kommen sowohl im tierischen als auch im menschlichen Reservoir vor und sind zudem in der Umwelt, d. h. in Wasser, Luft, Erde, Pflanzen, aber auch auf unbelebten Flächen nachweisbar (8-10). Angesichts dieser vielfältigen Reservoirs und Expositionsmöglichkeiten erscheint allerdings eine gezielte Bekämpfung der Reservoire durch Impfprogramme wenig erfolgversprechend.

Grundsätzlich werden Strategien zur Dekolonisierung des Menschen durch gezielte Impfprävention von den Impfstoffherstellern verfolgt. Dies kann am Beispiel der Impfstoffentwicklungen gegen C. difficile, das die toxinvermittelte pseudomembranöse Kolitis verursacht, veranschaulicht werden (Tabelle 1). Es gibt jedoch keine systematischen Untersuchungen, welche Art der Impfstoffformulierung und welche Applikationsrouten die bakterielle Besiedlung von Mensch und Tier nachhaltig beeinflussen und womöglich die Transmission zwischen Mensch und Tier einschränken.

Tabelle 1: Impfstoffentwicklungen gegen <em>Clostridium difficile</em>


Herausforderung 2: Regionale Unterschiede in der Stamm-Epidemiologie

Bei der Entwicklung von Impfstoffen spielt die genetische Variabilität der Erreger wie auch z. B. ihrer Toxine eine wichtige Rolle. So sind Toxine wie die von C. difficile, C. tetani oder Bordetella pertussis für eine aktive Immunisierung gut geeignet, weil sie krankheitsauslösend und gleichzeitig in der Regel genetisch hochkonserviert sind. Nur in seltenen Fällen sind natürlich auftretende Toxinmutanten beschrieben, deren veränderte chemische Konformation die Antikörpererkennung verhindert („Resistenz“) (11).

Schwieriger ist die Entwicklung von Impfstoffen, die gegen Oberflächenstrukturen der Bakterien gerichtet sind und die antikörpervermittelte Aufnahme der Bakterienzellen in Phagozyten verbessern sollen. Diese Oberflächenstrukturen sind typischerweise entweder Polysaccharide oder zellwandständige Proteine, die für das Immunsystem sichtbar sind und immunogen wirken. Allerdings zeigt sich, dass gerade diese Oberflächenstrukturen eine hohe Variabilität aufweisen, die stammspezifisch variieren kann. Demnach sind detaillierte epidemiologische Kenntnisse der weltweiten Stammverteilung sowie der Mutationsfrequenz der Zielantigene Voraussetzung für die Entwicklung eines global wirksamen Impfstoffs. Diese Variabilität der bakteriellen Zielantigene war bisher häufig ein wesentlicher Grund dafür, dass Impfstoffentwicklungen abgebrochen wurden: Bei Impfstoffentwicklungen gegen K. pneumoniae erwiesen sich die großen Unterschiede in der regionalen Verteilung der Kapselserotypen als Hindernis (Tabelle 2); bei Pseudomonas aeruginosa führte die Variabilität von Flagellen und Lipopolysaccharid zum Verlassen der darauf basierenden Impfstoffkonzepte (Tabelle 3).

Tabelle 2: Impfstoffentwicklungen gegen <em>Klebsiella pneumoniae</em>


Tabelle 3: Impfstoffentwicklungen gegen <em>Pseudomonas aeruginosa</em>


Herausforderung 3: Kontinuierliche Exposition durch bakterielle Kolonisation des menschlichen Organismus

Die Besiedlung des Körpers mit Bakterien und Pilzen dient der Reifung des Immunsystems und der Abwehr von pathogenen Infektionserregern (12). Störungen dieser Funktion, z. B. durch Antibiotikawirkung, schaffen den Raum für die Vermehrung antibiotikaresistenter Stämme oder ermöglichen eine Neubesiedlung mit ortsfremden Spezies. Einige nosokomiale Erreger, wie C. difficile, gehören zur Normalflora, einige, wie z. B. S. aureus finden sich nur bei Trägern und andere wiederum, wie z. B. P. aeruginosa oder Acinetobacter baumanii, besiedeln den Respirations- oder Darmtrakt erst in Folge kontaminierter Nahrungsmittel oder Geräte und so auch über iatrogene Interventionen.

Mit der Besiedlung der Haut- und Schleimhäute geht eine Immunantwort einher, die auf den Erhalt der bakteriellen Barrierefunktion ausgerichtet ist: Wie in Tabelle 1 bereits für die Impfstoffentwicklung gegen C. difficile aufgezeigt, wird die lokale Flora zwar erkannt, aber nicht eliminiert. Auch bei S. aureus gehen Infektionen vom endogenen Stamm aus: Obwohl nahezu alle Erwachsenen gegen zahlreiche S. aureus-Antigene Antikörper besitzen, ist S. aureus einer der häufigsten nosokomialen Pneumonie- und Sepsiserreger. Die vorhandene Immunantwort bietet zwar Schutz, kann aber die Infektion nicht verhindern (13).

Die weltweit hohe Inzidenz der S. aureus-Infektionen gekoppelt mit der zunehmenden Antibiotikaresistenz haben die Entwicklung von Impfstoffen gegen S. aureus vorangetrieben, allerdings blieb diese bisher ohne Erfolg (Tabelle 4) und (14). Es zeigt sich, dass eine Stimulation der Antikörperbildung nicht ausreichend ist und dass die vorhandenen präklinischen Modelle in ihrer Aussagekraft limitiert sind. Jüngste Untersuchungen zeigen außerdem, dass in gesunden Menschen die dominierende T-Zellantwort gegen S. aureus primär tolerogen ist (15). Für die zukünftige Impfstoffentwicklung bedeutet dies, dass der Impfstoff die bestehende Immunität qualitativ verändern müsste, um protektiv wirken zu können.

Tabelle 4: Impfstoffentwicklungen gegen <em>Staphylococcus aureus</em>


Herausforderung 4: Ältere Menschen als Zielgruppe

Aufgrund der demographischen Veränderungen verschieben sich die Altersindikationen für Impfstoffe. Zudem entstehen durch die ständig wachsenden Therapiemöglichkeiten für altersassoziierte Erkrankungen wie Krebs und einige Autoimmunerkrankungen auch neue Indikationen für eine Impfprävention bei Patienten mit therapiebedingter Immunsuppression oder Störung des protektiven Mikrobioms. Viele zugelassene Impfstoffe wurden an älteren Menschen klinisch geprüft, aber nicht spezifisch für alte Menschen entwickelt. Lediglich die Impfstoffprodukte gegen Herpes Zoster wurden spezifisch für diese Altersgruppe entwickelt.

Die altersabhängigen Veränderungen des Immunsystems sind kurz zusammengefasst gekennzeichnet durch eine Abnahme von Immunzellen, sowie eine verminderte Zytokinproduktion und Antigenpräsentation (16;17). Demgegenüber steht ein ausgebildetes und hochaffines T- und B-Zell-Repertoire, das bekannte spezifische Pathogene rasch erkennen und eliminieren kann. Folglich ist zu erwarten, dass im Alter Impfungen grundsätzlich weniger immunogen wirken und dass Auffrischimpfungen effektiver sein sollten als Primärimmunisierungen. Dieser Effekt zeigt sich z. B. bei Impfung gegen C. difficile (18). Daher sollte auch bei Impfungen gegen nosokomiale Infektionserreger eine möglichst frühzeitige Erstimmunisierung angestrebt werden. Jedoch zeigt sich, dass in klinischen Studien nur kurze Zeitintervalle zwischen Immunisierung, Boosterimpfung und Erkrankung eingeplant werden.

Damit besteht die wesentliche Herausforderung in der Impfstoffentwicklung für das ältere Patientenkollektiv darin, Impfstoffe zu entwickeln, die ausreichend immunogen wirken. Es zeichnet sich ab, dass hierfür neue Adjuvantien entwickelt und eingesetzt werden sollten (19;20). Neben dem stimulierenden Effekt auf das alternde Immunsystem hofft man, dass diese neuen Adjuvantien die präformierte, tolerogene Immunantwort gegen kolonisierende Bakterien dahingehend verändern, dass Infektionen effektiver abgewehrt werden. Allerdings befinden sich heute nur wenige moderne Adjuvantien bereits in zugelassenen Impfstoffen und klinischen Prüfungen, hauptsächlich weil die Anwendungssicherheit im Vergleich zu den herkömmlichen Hilfsstoffen noch gezeigt werden muss.

Herausforderung 5: Komplexität des Studiendesigns

Neben den besonderen, komplexen immunologischen Herausforderungen erweisen sich auch Design und Durchführung klinischer Prüfungen möglicher Impfstoffe gegen nosokomiale Erreger für Hersteller wie regulatorische Behörden als außerordentlich schwierig und als großes Hindernis (z. B. auch Kosten). Wie am Beispiel von S. aureus in Tabelle 4 dargestellt, zeigt gerade die späte Phase der klinischen Entwicklung die eigentliche Herausforderung: Hier wird in der Regel die Indikation erweitert, um höhere Patientenzahlen zu erreichen und spätestens bei fehlendem Nachweis der Wirksamkeit in Phase III wird üblicherweise die Produktentwicklung eingestellt. Die Ursachen für das Scheitern der klinischen Studien sind aber vielfältig und zum Teil durch die Charakteristika dieser Infektionen begründet.

Insbesondere die Einschlusskriterien, die Indikationsstellung und die klinischen Endpunkte müssen sorgfältig gewählt sein und bei Bedarf pathogenspezifisch definiert werden. Darüber hinaus muss geprüft werden, ob eine Primärimpfung, z. B. bei stationärer Aufnahme, ausreichend ist, und ob Boosterimpfungen erforderlich sind und in welchen Abständen diese benötigt werden. Häufige Gründe für das Scheitern von solchen Studien sind in Tabelle 5 aufgeführt. Eine präzise Diagnostik, eine klare Eingrenzung der Zielgruppe und gut definierte klinische Endpunkte tragen wesentlich zum Studienerfolg bei. Die Kenntnis des immunologischen Korrelats der Protektion erleichtert die Suche nach präklinischen Modellen und erlaubt zudem, die In-vivo-Immunogenität zu messen, darauf basierend bei fehlendem klinischen Endpunkt die Wirksamkeit abzuschätzen und ggf. von einer Patientengruppe auf andere zu extrapolieren.

Tabelle 5: Besonderheiten der Patientenrekrutierung und des Studiendesigns für die klinische Prüfung von Impfstoffen gegen nosokomiale Erreger


Derzeit befinden sich neue, vielversprechende Impfstoffe gegen C. difficile- und S. aureus-Infektionen in klinischen Prüfungen (Tabellen 1 und 4) (2;3;14). Sind die klinischen Prüfungen erfolgreich, werden die Impfstoffe zugelassen und für Patienten verfügbar gemacht. Wie bei vielen anderen Arzneimitteln werden durch Impfprogramme und reale Anwendungsdaten Postmarketing-Studien angestoßen werden, die die Anwendbarkeit in bestimmten Patientensubpopulationen prüfen und Indikationserweiterungen oder -einschränkungen begründen werden. Bei manchen Impfstoffen wird man folglich erst viele Jahre nach der Erstzulassung Vorteil und Nutzen der Impfung bewerten können.

Fazit für die Praxis

Die Therapieunsicherheit durch zunehmend verbreitete Antibiotikaresistenzen stimuliert die Suche nach präventiven Ansätzen einschließlich Impfstoffentwicklungen gegen nosokomiale Erreger. Der Erfolg einer Impfung gegen nosokomiale Infektionserreger kann durch die Eradikation der Erregerreservoirs nicht erreicht werden. Vielmehr gilt es, die Prägung der Immunantwort gegen kolonisierende Infektionserreger zu verändern und in immunkompromittierten Patienten eine effektive Immunantwort hervorzurufen. Klar definierte Endpunkte, eine präzise Infektionsdiagnostik und gute Kenntnisse der lokalen Epidemiologie sind wichtige Voraussetzungen für die Aussagekraft von klinischen Studienergebnissen. Die Erforschung und Definition des immunologischen Korrelats der Protektion sowie die Entwicklung aussagekräftiger präklinischer Modelle können die klinische Entwicklung erleichtern und voranbringen. Aufgrund des wachsenden Bedarfs und limitierter Therapieoptionen sind weitere Impfstoffentwicklungen für definierte Risikopatientengruppen und nosokomial bedeutsame bakterielle Erreger zu erwarten. Aktuell sind Impfstoffe gegen C. difficile- und S. aureus-Infektionen in der klinischen Prüfung, die die immunologischen Besonderheiten berücksichtigt haben (Tabellen 1 und 4) (2;3;14). Trotzdem wird sich erst nach der Zulassung zeigen, welche Indikationsstellungen und Impfschemata im klinischen Alltag praktikabel und erfolgreich sind. Eine Auswirkung auf die Antibiotikaresistenzlage, wie sie nach der Einführung der Pneumokokken-Konjugatimpfung beschrieben wurde (1), ist allerdings nur bei einem flächendeckenden oder sehr breiten Einsatz zu erwarten.

Interessenkonflikte

Ein Interessenkonflikt wird von der Autorin verneint.

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