Karies durch Medikamente?

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 2/2018

Drug-induced caries?

Autor

Zusammenfassung

Die WHO-Datenbank für unerwünschte Arzneimittelwirkungen von Medikamenten wurde in Bezug auf Karies als Nebenwirkung untersucht. Verdächtige Medikamente werden aufgelistet, plausible pathogene Mechanismen genannt.

Abstract

The WHO database for adverse drug reactions was searched for drug-induced dental caries. Suspected medicaments were identified and possible pathogenic mechanisms were specified.

Eine französische Arbeitsgruppe ging dieser Frage nach (1): Sie analysierten 5229 Berichte über Karies als unerwünschte Arzneimittelwirkung für 733 Arzneimittel in VigiBase©, der Datenbank der WHO für Nebenwirkungen von Medikamenten. Für 88 Arzneistoffe wurde Karies überzufällig häufig darin genannt.

Karies ist die Zerstörung von Zähnen oder Teilen davon über eine entkalkte Zahnoberfläche. Die Entstehung ist multifaktoriell, scheint aber mit einer Störung des Gleichgewichtszustandes der lokalen Mikroflora und starkem Zuckerkonsum zusammenzuhängen.

Für 65 (73,9 %) dieser Medikamente fand sich in den Zusammenfassungen der Bewertungsberichte der EMA (EPAR), bei Micromedex© DRUGDEX oder den Martindale-Datenbeständen eine Information zu Karies als Nebenwirkung. Vor allen anderen Substanzen wurden Bisphosphonate genannt, gefolgt von anticholinergen Medikamenten, Antidepressiva, Kortikoiden, immunmodulierenden Substanzen, Antipsychotika, Antiepileptika, Opioiden und Beta-2-Rezeptoragonisten. Plausible pathogene Mechanismen waren Veränderungen des Speichelflusses und dessen Zusammensetzung bei 54 (61,4 %) (u. a. Buprenorphin/Naloxon, Paracetamol/Phenylepinephrin, Acetylsalicylsäure/Chlorphenamin/Phenylepinephrin), des Knochenmetabolismus bei 31 (35,2 %) (Bisphosphonate), Hyperglykämie bei 32 (36,4 %) oder Immunsuppression bei 23 (26,1 %) Stoffen. Für neun Medikamente (10,2 %) konnte keine plausible Erklärung gefunden werden.

Fazit für die Praxis

Karies ist wahrscheinlich eine nicht häufig gemeldete unerwünschte Arzneimittelwirkung und wird zu selten mit den verabreichten Medikamenten in Verbindung gebracht. Als Auslöser bekannt sind Bisphosphonate, insbesondere auch wegen der seltenen, aber dann umso schlimmeren Kiefernekrosen.

Interessenkonflikte

Ein Interessenkonflikt wird vom Autor verneint.

Literatur
  1. de Campaigno EP, Kebir I, Montastruc JL et al.: Drug-induced dental caries: a disproportionality analysis using data from VigiBase. Drug Saf 2017; 40: 1249-1258.