Nebenwirkungen aktuell

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 1/2021

Panikattacke mit Todesangst nach Beginn der peroralen Isotretinoin-Therapie

Der Fall: Berichtet wird über Panikattacken mit Todesangst, Tachykardie und Hyperventilation nach Beginn der peroralen Therapie der Akne eines männlichen Jugendlichen mit einem Isotretinoin-haltigen Arzneimittel. Die Panikattacken wurden jeweils wenige Stunden nach Einnahme des Medikaments beobachtet. Es erfolgte die stationäre Aufnahme ins Krankenhaus.

Bewertung: Das Auftreten psychiatrischer Erkrankungen, z. B. Depression, Angst und Verhaltensauffälligkeiten, unter der Therapie mit Isotretinoin-haltigen Arzneimitteln ist bekannt und tritt gemäß den Angaben in der Fachinformation selten auf. Das bedeutet, es kann bis zu einem von 1000 Patienten betreffen. In einer Studie aus dem Jahr 2017 wurden Fälle von arzneimittelinduzierten Panikattacken, die in der französischen Pharmakovigilanz-Datenbank dokumentiert sind, analysiert. Im untersuchten Zeitraum zwischen 1985 und 2014 waren von 163 berichteten Fällen 5,2 % mit der Gabe von Isotretinoin assoziiert (1). Weitere Fallberichte über Panikattacken oder Tachykardien unter Isotretinoin-Gabe sind publiziert (2-4).

Fazit: Neben der umfassenden Aufklärung über die teratogenen Eigenschaften Isotretinoin-haltiger Arzneimittel sollten die meist jugendlichen Patienten und ggf. ihre Betreuungspersonen bzw. nahe Mitmenschen im Umfeld auch über mögliche psychiatrische Nebenwirkungen der Therapie informiert werden. Gleichermaßen sollten Hausärzte über die i. d. R. von Dermatologen verordnete Arzneimitteltherapie mit Isotretinoin in Kenntnis gesetzt werden. Treten psychiatrische Symptome wie Depression, Angst oder Panikattacken auf, ist der mögliche Zusammenhang mit der Isotretinoin-Therapie in Erwägung zu ziehen.

Cholelithiasis im Zusammenhang mit Ceftriaxon

Der Fall: Ein 13-jähriger Junge wurde wegen einer Lyme-Arthritis mit Ceftriaxon 2 g/d intravenös behandelt. Nach vier Tagen wurden – in einer vermutlich routinemäßig durchgeführten – Abdomensonographie kleine Konkremente in der Gallenblase und geringer Sludge festgestellt. Die antibiotische Therapie wurde zunächst auf Cefotaxim intravenös und später auf Doxycyclin oral umgestellt. Die Beschwerden besserten sich im Verlauf, der Junge konnte entlassen und ambulant weiter betreut werden.

Bewertung: In der Fachinformation von Ceftriaxon sind Ceftriaxon-Calcium-Ausfällungen beschrieben, die im Ultraschall irrtümlicherweise als Gallensteine gedeutet werden können. Diese treten insbesondere bei Dosen ab 1 g/d auf, sind selten von Symptomen begleitet und sind nach Absetzen in der Regel reversibel. Bei Kindern und Jugendlichen ist besondere Vorsicht geboten.

Fazit: Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen sollten mögliche Ceftriaxon-Calcium-Ausfällungen in der Gallenblase bedacht werden. In der Fachinformation wird bei Auftreten von Symptomen eine konservative, nicht-chirurgische Behandlung empfohlen. Nach individueller Risikoabschätzung sollte das Absetzen von Ceftriaxon in Erwägung gezogen werden. Gute Alternativen sind vorhanden.

 

Literatur
  1. Abadie D, Essilini A, Fulda V et al.: Drug-induced panic attacks: Analysis of cases registered in the French pharmacovigilance database. J Psychiatr Res 2017; 90: 60-66.
  2. Alcalá Partera JA: [Depression and panic attack in acne treated with isotretinoin]. Semergen 2012; 38: 188-191.
  3. Dresden G: Atrial tachycardia associated with isotretinoin use. Arch Dermatol 2007; 143: 1084-1085.
  4. Hasdemir C, Sagcan A, Sekuri C et al.: Isotretinoin (13-cis-retinoic acid) associated atrial tachycardia. Pacing Clin Electrophysiol 2005; 28: 348-349.