Medizinalhanf in der Inneren Medizin, Schmerzmedizin und Palliativmedizin

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 1/2018

Medical cannabis in internal medicine, pain medicine and palliative care

Autor

Zusammenfassung

Seit März 2017 können Ärzte Cannabis in Form getrockneter Blüten (sogenannter Medizinalhanf) unter bestimmten Umständen verschreiben. Die Evidenzbasierung für den Einsatz von Medizinalhanf in der Inneren Medizin, Schmerz- und Palliativmedizin ist unzureichend. Wissenschaftlich fundierte Dosierungsschemata liegen nicht vor. Die Applikation von Medizinalhanf als Tee oder über einen Vaporisator ist umständlich.

Abstract

Since March 2017, German physicians can prescribe dried cannabis flowers (medical cannabis) under certain circumstances. The evidence for the use of medical cannabis in internal medicine, pain medicine and palliative care is insufficient. No scientifically well-founded dosage schedules are available. The application of medical cannabis as tea infusion or by a vaporisator is cumbersome.

Cannabis und Cannabinoide

Die Blüten und blütennahen Blätter der weiblichen Hanfplanze Cannabis sativa enthalten etwa 500 unterschiedliche Komponenten, darunter etwa 100 Cannabinoide. Die am besten untersuchten Cannabinoide sind Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC) and Cannabidiol (CBD). THC hat analgetische und psychotrope Eigenschaften. CBD hat antiinflammatorische und schmerzmodulatorische Wirkungen. Der menschliche Organismus stellt körpereigene Cannabinoide her (sogenannte Endocannanbinoide). Das Endocannabinoidsystem spielt eine wichtige Rolle in der autonomen und neuroendokrinen Stressreaktion. Die getrockneten Blätter und Blüten (Marihuana) und das aus Pflanzenteilen zu Platten oder Blöcken gepresste Harz (Haschisch) von Cannabis sativa werden seit ca. 5000 Jahren sowohl zu medizinischen als auch Rauschzwecken verwendet (1).

Die rechtliche Situation

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur „Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften“ vom 10. März 2017 können Ärzte cannabisbasierte Arzneimittel in Form von Cannabis als getrocknete Blüten (sogenannter Medizinalhanf oder medizinisches Cannabis), standardisierter pflanzlicher Extrakte (Dronabinol als Rezepturarzneimittel, THC/CBD als Fertigarzneimittel) bzw. als synthetisch hergestellte Cannabisanaloga (Nabilon) zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnen. Durch den in § 31 SGB V neu eingefügten Absatz 6 haben Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung einen Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität sowie auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

  1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
    a) nicht zur Verfügung steht oder
    b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann;
  2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.

Die Leistung bedarf einer Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Über den Antrag auf Genehmigung ist von der Krankenkasse innerhalb von drei Wochen nach Antragseingang sowie fünf Wochen bei Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu entscheiden. Im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung nach § 37b SGB V muss die Krankenkasse innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden (2).

Im Folgenden werden die Probleme im Zusammenhang mit der Verordnung von Medizinalhanf dargestellt.

Unzureichende Quantität und Qualität der Evidenz

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency) fordert für die Zulassung eines Arzneimittels bei chronischen Schmerzen mindestens zwei ausreichend gepowerte randomisierte und kontrollierte Studien (RCT) mit einer Studiendauer von mindestens zwölf Wochen. Eine ausreichend gepowerte Studie liegt nach den Kriterien der Pain Palliative and Supportive Care Group der Cochrane Collaboration bei einer Teilnehmerzahl von mindestens 50 Teilnehmern pro Studienarm vor. Dieses Kriterium wird von Medizinalhanf bei keiner Indikation der Inneren Medizin, Schmerz- und Palliativmedizin erfüllt (3).

Bei neuropathischen Schmerzen liegt eine systematische Übersichtsarbeit mit Analyse individueller Patientendaten von fünf RCTs mit 178 Patienten mit Polyneuropathien unterschiedlicher Genese (in zwei Studien HIV-assoziiert) vor. Die meisten Studienteilnehmer hatten in der Vergangenheit Cannabis zu Freizeitzwecken geraucht. Die Studiendauer lag zwischen einem Tag und zwei Wochen. Medizinalhanf wurde als Joint (Zigarette mit Tabak vermischt) oder ohne Zusatz über eine Pfeife geraucht bzw. über einen Vaporisator inhaliert. Die THC-Konzentrationen lagen zwischen 1,3 % und 9,4 %. Weitere Analgetika waren erlaubt. Die Autoren errechneten eine Number needed to treat for an additional benefit (NNTB) für eine Schmerzreduktion von mindestens 30 % im Vergleich zu Placebo von 5,6 (95 % Konfidenzintervall (CI) 3,4–14). Die Autoren führten keine quantitative Synthese der Häufigkeit von Nebenwirkungen und der Abbruchrate von Nebenwirkungen durch. Sie berichteten deskriptiv, dass die meisten Nebenwirkungen (Angst, Desorientierung, Konzentrationsstörungen, Benommenheit) mild waren. Psychoaktive Effekte („High“-Gefühl) wurden häufiger bei höheren als bei niedrigen THC-Dosen berichtet (4).

Eine RCT verglich Medizinalhanf zweimal pro Tag als Zigarette einer Cannabissorte mit 23 % THC-Gehalt im Vergleich zu einer nicht THC-haltigen Zigarette bei 21 Patienten mit Morbus Crohn mit einer Studiendauer von acht Wochen. Es fanden sich keine signifikanten Unterschiede in der Remissionsrate und in der Häufigkeit von Nebenwirkungen, jedoch eine signifikante (p < 0,05) Reduktion von Bauchschmerzen und eine Besserung des Appetits unter Medizinalhanf (5).

An einer dreiwöchigen RCT mit 67 Patienten mit HIV-assoziierter Kachexie, die vor der Ära der hochaktiven antiretroviralen Therapie durchgeführt wurde, wurden Marihuana-Zigaretten mit 3,95 % THC-Gehalt bis zu dreimal pro Tag, Dronabinol oral dreimal 2,5 mg pro Tag und Placebo verglichen. Die Patienten nahmen unter Marihuana (3 kg) und Dronabinol (3,2 kg) statistisch signifikant mehr Gewicht zu als in der Placebogruppe (1,1 kg) (6).

Weitere randomisierte, kontrollierte Studien mit Medizinalhanf bei Indikationen der Inneren Medizin, Schmerz- und Palliativmedizin liegen nicht vor.

Eine kanadische prospektive einjährige Beobachtungsstudie verglich 215 Patienten mit nichttumorbedingten Schmerzen, die mit standardisiertem Medizinalhanf (12,5 % THC-Gehalt) behandelt wurden, mit 216 Schmerzpatienten, die kein Medizinalhanf erhielten. Bei 39 % der Patienten lag ein neuropathischer, bei 16 % ein nozizeptiver und bei 45 % ein nozizeptiver-neuropathischer Schmerz vor. Die Mehrzahl der Patienten in beiden Gruppen erhielt gleichzeitig Opioide. Die mittlere Tagesdosis von Medizinalhanf mit einem 12,5 % THC-Gehalt lag bei 2,5 g (Minimum 0,1 g, Maximum 14 g). In der Cannabisgruppe zeigte sich eine statistisch signifikante Schmerzreduktion im Vergleich zur Ausgangsmessung (–0,92 Punkte auf einer elfstufigen Skala [95 % CI –0,62 bis –1,23]), nicht jedoch in der Kontrollgruppe (–0,18 [95 % CI 0,13 bis –0,49]). Das Ausmaß der Schmerzreduktion von < 1 Punkt ist klinisch nicht relevant. Die Rate von nicht schwerwiegenden Nebenwirkungen unter Medizinalhanf war erhöht (adjustierte Inzidenzrate 1,73 [95 % CI 1,41–2,13]), aber nicht die schwerwiegender Nebenwirkungen (adjustierte Inzidenzrate 1,08 [95 % CI 0,57–2,04]). Nur 7 % der Patienten in der Cannabisgruppe waren „cannabisnaiv“ im Vergleich zu 64 % der Kontrollgruppe. Die Autoren räumten ein, dass ihre Studie keine Aussage über die Sicherheit von Medizinalhanf bei cannabisnaiven Patienten mit chronischen nichttumorbedingten Schmerzen zulässt (7).

An einer israelischen einjährigen Beobachtungsstudie nahmen 216 Patienten mit nichttumorbedingten Schmerzen (häufigste Diagnosen: chronische muskuloskelettale Schmerzen in mehreren Körperregionen; neuropathische Schmerzen) mit Medizinalhanf teil. Die durchschnittliche monatliche Dosis lag bei 43 g (unterschiedliche THC-Konzentrationen). Die Reduktion des Schmerzintensitätsscores von im Median 7,50 auf einer elfstufigen Skala (95 % CI 6,75–7,75) auf 6,25 (95 % CI 5,75–6,75) war klinisch relevant. 5,3 % der Patienten beendeten die Studie wegen Nebenwirkungen. Die Rate schwerer Nebenwirkungen lag bei 1 % (8).

Die Zulassung eines Arzneimittels wäre bei einer solch unzureichenden Datenlage von der Europäischen Arzneimittel-Agentur abgelehnt worden.

Dosierung

Wissenschaftlich fundierte Dosierungsschemata inklusive der Konzentrationen von THC und CBD und ihrem Mischungsverhältnis gibt es nicht. Der THC-Gehalt der in Deutschland rezeptierfähigen Cannabissorten liegt zwischen < 1 % und 22 % und der CBD-Gehalt zwischen < 0,1 % und 10 %. In den verfügbaren RCTs und Kohortenstudien lag der THC-Gehalt der Cannabisblüten zwischen 2,5 % und 12,5 % (3). Die durchschnittliche tägliche Dosis von Cannabisblüten lag bei den beiden Beobachtungsstudien zwischen 1,5 g und 2,5 g pro Tag (7;8). Die Spannweiten waren jedoch beträchtlich.

Auch zur Häufigkeit der Anwendung gibt es keine wissenschaftlich fundierten Empfehlungen. Sie kann von ein- bis mehrmals täglich variieren.

Applikation: Rauchen, Inhalieren, Tee trinken oder Kekse backen?

Die in Cannabis überwiegend als Carbonsäuren vorliegenden Wirkstoffe werden erst durch Erhitzen in die pharmakologisch wirksamen Formen umgewandelt. Oberhalb von 185 °C verdampfen Cannabinoide, und freies THC und CBD bilden sich aus den Säurevorstufen. Daher sind nur Applikationsformen sinnvoll, bei denen der Patient Cannabisblüten thermisch behandelt. Wie der Patient Cannabisblüten anwenden soll, ob als Inhalation oder in oraler Form, obliegt grundsätzlich der Entscheidung des Arztes (9).

Der Wirkeintritt und die -dauer unterscheiden sich nach Art der Anwendung stark. Bei Inhalation werden Cannabinoide schnell resorbiert: Schon innerhalb von einer bis zwei Minuten ist die Wirkung zu spüren, wobei der maximale Effekt nach 15 Minuten erreicht wird. Die Wirkung hält bis zu vier Stunden an. Werden Cannabinoide dagegen oral aufgenommen, dauert der Wirkeintritt 30 bis 90 Minuten. Der maximale Effekt wird nach zwei bis drei Stunden erreicht. Die Wirkung klingt nach vier bis acht Stunden ab (9).

Beim Rauchen von Cannabisblüten in Kombination mit Tabak entstehen schädliche Verbrennungsprodukte. Daher hat sich die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft gegen die Einnahme von Cannabisblüten als „Joint“ (gemischt mit Tabak) ausgesprochen (2). Auch beim Rauchen von Cannabis ohne Tabak entstehen Verbrennungsprodukte, welche die Schleimhaut schädigen können.

Als Applikationsformen bieten sich die Inhalation mittels eines Verdampfers oder das Teetrinken an. Das DAC/NRF (Deutscher Arzneimittelkodex/Neues Rezepturformularium) hat zwei Rezepturvorschriften für „Cannabisblüten zur Inhalation nach Verdampfung“ entwickelt. Zur Inhalation stehen spezielle Verdampfer (Vaporisatoren) zur Verfügung, mit deren Hilfe eine bestimmte Menge Cannabis erhitzt und so in die aktive Form überführt und inhaliert werden kann. Vaporisatoren erhitzen Cannabisblüten auf die gewählte Temperatur, üblicherweise 210 °C. Es entsteht ein inhalierbares Aerosol, das von den Lungenbläschen aufgenommen werden kann. Die systemische Bioverfügbarkeit von THC aus Cannabisblüten betrug in Studien bei korrekter Applikation etwa 29 % bis 40 %. Der Verdampfer muss bei jeder Anwendung mit neuen Cannabisblüten beschickt werden. Patienten sollten nur solche Verdampfer verwenden, die verlässlich arbeiten und als Medizinprodukt in Verkehr sind. Derzeit sind in Deutschland nur zwei Geräte zugelassen: Der stationär zu verwendende Volcano Medic® und der transportable Mighty Medic®. Im Hilfsmittel-Verzeichnis des GKV-Spitzenverbandes sind Vaporisatoren für Cannabis bislang nicht aufgeführt. Deshalb ist hier ein Einzelfallantrag bei der zuständigen Krankenkasse erforderlich (9). Die Benutzung von Vaporisatoren ist für Menschen, die keine Erfahrungen mit diesen Geräten zum Freizeitgebrauch von Cannabis haben, schwierig.

Für „Cannabisblüten zur Teezubereitung“ hat das DAC/NRF ebenfalls Rezepturvorschriften zur Verfügung gestellt. Für diese Zubereitung gibt der Patient Cannabisblüten in kochendes Wasser und hält den Ansatz über 15 Minuten am Sieden. Der standardmäßige Ansatz beträgt 1 g Cannabis pro 1 l Wasser. Die relative Ausbeute an THC beträgt nur etwa 5 %, die sich bei einer Kochzeit von 60 Minuten um das Eineinhalbfache erhöht. Dies erklärt sich durch die begrenzte Wasserlöslichkeit der Cannabinoide und den bei 100 °C nur langsam verlaufenden Decarboxylierungsreaktionen. Der Tee kann in einer Thermoskanne aufbewahrt werden. Dem Tee soll Sahne zugesetzt werden, damit sich die schlecht wasserlöslichen Cannabinoide im Getränk lösen (9).

Das Einbacken von getrockneten und erhitzten Cannabisblüten in Kekse wird nicht empfohlen, da die aufgenommene Dosis pro Anwendung noch schlechter vorhersehbar ist als bei Inhalation.

Eine genaue Dosierung von Medizinalhanf ist nicht möglich

Nur wenige Patienten verfügen über eine Feinwaage, um die Einzeldosis exakt zu bemessen. Die Dosierung der Cannabisblüten erfolgt daher meist „nach Gefühl“. Die Resorption der Cannabisinhaltsstoffe beim Rauchen oder Inhalieren ist sehr stark abhängig von der Inhalationstiefe.

Medizinalhanf oder standardisierte Extrakte bzw. Fertigarzneimittel?

Die (etwas) bessere Datenlage (2), die bessere Dosierbarkeit, das Vorliegen von in Studien überprüften Dosierungen und die einfachere Applikation als Kapsel oder Tropfen sprechen für den Einsatz standardisierter Extrakte bzw. Fertigarzneimittel. Seit Oktober 2017 können auch sogenannte Vollspektrumextrakte mit standardisiertem Gehalt von THC und/oder CBD und sämtlichen weiteren Wirkstoffe der Cannabisblüten zur oralen Applikation als Rezepturarzneimittel verschrieben werden. Aufgrund der langsameren Resorption und längeren Wirkdauer ist das Risiko einer missbräuchlichen Verwendung standardisierter Extrakte bzw. Fertigarzneimittel theoretisch geringer als bei der Inhalation von Cannabisblüten.

Fahrtüchtigkeit

Die Bundesregierung hat auf eine Anfrage der Linken am 05.04.2017 mitgeteilt, dass „Cannabispatienten“ am Straßenverkehr teilnehmen können, sofern sie aufgrund der Medikation in ihrer Fahrfähigkeit nicht eingeschränkt sind. Patienten drohe keine Sanktion nach dem Straßenverkehrsgesetz, wenn Cannabis aus der bestimmungsmäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt (10).

Wirtschaftlichkeitsgebot und Regressforderungen

Auch bei der Verordnung von cannabishaltigen Arzneimitteln gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot. Die Verordnung von cannabishaltigen Medikamenten geht in das Verordnungsvolumen des Arztes ein. Die Tagestherapiekosten der einzelnen cannabisbasierten Arzneimittel liegen bei einem Vergleich entsprechender Höchstmengen bei 12,42 Euro für Sativex®, 18,97 Euro für Dronabinolrezeptur, 83,60 Euro für Cannabisblütenrezeptur und 102,60 Euro für Canemes®. Selbst bei einer von den Krankenkassen genehmigten Therapie mit cannabishaltigen Arzneimitteln besteht für die verordnenden Ärzte eine Regressgefahr (11).

Für die Cannabisverordnung gelten die Regelungen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 SGB, d. h. die frühere Richtgrößenprüfung soll durch regionale Wirtschaftlichkeitsvereinbarungen abgelöst werden. Um das Regressrisiko bei Cannabisverordnungen abzuschätzen, wird ein Blick in die Systematik der Wirtschaftlichkeitsprüfung des zuständigen KV-Bezirks empfohlen.

Fazit für die Praxis

Die Evidenzbasierung für Medizinalhanf (Cannabisblüten) in der Schmerz-, Palliativ-, und Inneren Medizin ist unzureichend.

Der Einsatz von Medizinalhanf in der Schmerz-, Palliativ-, und Inneren Medizin ist daher als individueller Heilversuch anzusehen.

Wissenschaftlich fundierte Dosierungsschemata für Cannabisblüten stehen nicht zur Verfügung.

Die Zufuhr von Cannabisblüten gemischt mit Tabak (Joint) wird aus gesundheitlichen Gründen nicht empfohlen.

Die Zufuhr von Cannabisblüten über einen Verdampfer oder als Tee ist umständlich.

Die Verordnung von cannabishaltigen Arzneimitteln wird für das Arzneimittelbudget des Arztes berücksichtigt.

Interessenkonflikte

W. Häuser erhielt ein persönliches Vortragshonorar von Grünenthal.

Literatur
  1. Fitzcharles MA, Häuser W: Cannabinoids in the management of musculoskeletal or rheumatic diseases. Curr Rheumatol Rep 2016; 18: 76.
  2. Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 06.03.2017. BGBL 2017, 11: 403-406.
  3. Häuser W, Fitzcharles MA, Radbruch L, Petzke F. Cannabinoide in der Schmerz- und Palliativmedizin: Eine Übersicht von systematischen Übersichtsarbeiten und von prospektiven Beobachtungsstudien. Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 627-634.
  4. Andreae MH, Carter GM, Shaparin N et al.: Inhaled cannabis for chronic neuropathic pain: a meta-analysis of individual patient data. J Pain 2015; 16: 1221-1232.
  5. Naftali T, Mechulam R, Lev LB, Konikoff FM: Cannabis for inflammatory bowel disease. Dig Dis 2014; 32: 468-474.
  6. Abrams DI, Hilton JF, Leiser RJ: Shortterm effects of cannabinoids in patients with HIV-1 infection: a randomized, placebo-controlled clinical trial. Ann Intern Med 2003; 139: 258-266.
  7. Ware MA, Wang T, Shapiro S, Collet JP; COMPASS study team: Cannabis for the management of pain: assessment of safety study (COMPASS). J Pain 2015; 16: 1233-1242.
  8. Haroutounian S, Ratz Y, Ginosar Y et al.: The effect of medicinal cannabis on pain and quality-of-life outcomes in chronic pain: a prospective open-label study. Clin J Pain 2016; 32: 1036-1043.
  9. Bussik D, Eckert-Lill C: Cannabis als Medizin. Was kommt auf die Apotheken zu? www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php. Pharmazeutische Zeitung 2017; Heft 8.
  10. Deutscher Bundestag: Cannabispatienten dürfen Auto fahren: www.bundestag.de/presse/hib/2017_04/-/502018. Gesundheit/Antwort vom 5. April 2017 (hib 225/2017).
  11. Überall M: Neues aus der Schmerzmedizin. Schmerzmedizin 2017; 33: 44-45.