Schwere Blutbildstörungen unter Neuroleptika haben die AkdÄ in der Vergangenheit öfters
beschäftigen müssen. Dabei sollte das Augenmerk insbesondere solchen Substanzen gelten, die
eine enge chemische Verwandtschaft zu der bezüglich dieser UAW prototypischen Substanz
Clozapin haben, wie zum Beispiel Olanzapin oder Quetiapin (vgl. Dt Ärztebl 2001; 98: A 130 [Heft
3]).
Im vergangenen Jahr wurde über drei Fälle einer Agranulozytose oder schweren
Granulozytopenie unter Behandlung mit Quetiapin (Seroquel®), zu dem bislang noch keine
umfangreichen Erfahrungen vorliegen, berichtet (1). In einem Fall entwickelte sich nach
zweimonatiger Behandlung eine ausgeprägte Leukopenie und Granulozytopenie. Nach Absetzen
von Quetiapin normalisierte sich das Blutbild. Clozapin wurde anschließend über ein Jahr gut
vertragen. In zwei weiteren Fällen war zu früherer Zeit unter Clozapin bereits einmal eine
Agranulozytose beobachtet worden, während eine Behandlung mit Olanzapin später zu keiner
Blutbildstörung führte. Unter Quetiapin als nachfolgende beziehungsweise zusätzliche Medikation
entwickelte sich jedoch innerhalb von drei bis acht Wochen eine Agranulozytose beziehungsweise Granulozytopenie. Nach Absetzen von Quetiapin remittierte die Symptomatik.
Diese Beobachtungen illustrieren, dass die speziellen Blutbildveränderungen unter einem
Neuroleptikum im individuellen Behandlungsfall kaum vorhersagbar sind, wenngleich das frühere
Auftreten einer Blutbildstörung vermutlich die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Reaktion auf eine
nachfolgend verabreichte neuroleptische Medikation erhöht. Nach Angabe der Autoren waren bis Januar 2001 acht Fälle von Agranulozytose und 73 Fälle von
Granulozytopenie oder Leukopenie unter Quetiapin bei der WHO dokumentiert, wobei in einigen
Fällen möglicherweise Clozapin oder Olanzapin ursächlich beteiligt waren. Der prozentuale Anteil
an Störungen des weißen Blutbilds unter allen eingegangenen UAW-Meldungen betrug für
Quetiapin 4,3 Prozent im Vergleich zu 2,3 Prozent für Olanzapin und 14 Prozent für Clozapin -
Zahlen, die natürlich sehr vorsichtig interpretiert werden müssen. In kontrollierten Studien, so
berichten die Autoren, war der Prozentsatz an beobachteten Leukopenien/Granulozytopenien mit
4,2 Prozent (91 von 2 162 Patienten) höher als unter Placebo (1,9 Prozent) oder Haloperidol (1,8
Prozent).
Bitte teilen Sie der AkdÄ alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können
dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite
abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen aus der AkdÄ-Internetpräsenz www.akdae.de abrufen.
Literatur
- Ruhé HG, Becker HE, Jessurun P, Marees CH, Heeringa M, Vermeulen HDB: Agranulocytosis and granulocytopenia associated with quetiapine. Acta Psychiatr Scand 2001; 104: 311-314.