Diskrepanzen zwischen dem bundeseinheitlichen Medikationsplan und der pharmazeutischen Arzneimittelanamnese bei der Aufnahme elektiver Patienten einer chirurgischen Klinik

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 4/2018

Abstract V-04

5. Deutscher Kongress für Patientensicherheit bei medikamentöser Therapie; Berlin, 18.–19. Oktober 2018

B. Bender1, S. Amelung1,2,3, A. D. Meid3, S. Walk-Fritz1,2,3, T. Hoppe-Tichy1,2, W. E. Haefeli2,3, H. Seidling2,3

1Universitätsklinikum Heidelberg Apotheke des Universitätsklinikums Heidelberg, Im Neuenheimer Feld 627, 69120 Heidelberg, Deutschland
2Universitätsklinikum Heidelberg Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, Im Neuenheimer Feld 410, 69120 Heidelberg, Deutschland
3Universitätsklinikum Heidelberg Kooperationseinheit Klinische Pharmazie, Im Neuenheimer Feld 410, 69120 Heidelberg, Deutschland

Einleitung

Elektive Patienten der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Heidelberg erhalten eine pharmazeutische Arzneimittelanamnese (AM-Anamnese), bei der systematisch eine möglichst vollständige Liste der aktuellen Medikation erstellt wird. Der bundeseinheitliche Medikationsplan (BMP) dient dabei immer wieder als Informationsquelle, wobei unklar ist, wie aktuell und vollständig die mitgebrachten Pläne sind. Wir untersuchten deshalb, welche Diskrepanzen zwischen BMP und AM-Anamnese bestehen und ob bestimmte BMP-Charakteristika das Risiko für Diskrepanzen erhöhen.

Methoden

Über einen Zeitraum von sechs Monaten (10/2017–03/2018) wurden für alle pharmazeutischen AM-Anamnesen der Chirurgischen Klinik geprüft, ob die Patienten einen BMP mit sich führten. Exemplarisch wurden anhand von 100 konsekutiv ausgewählten BMP die Inhalte des BMP mit denen der AM-Anamnese verglichen. Als Diskrepanz wurden folgende sieben Abweichungen klassifiziert: Medikament fehlt (1) oder wird nicht mehr eingenommen (2), Stärke oder Dosierung fehlt (3, 4), Stärke oder Dosierung falsch (5, 6) oder andere Darreichungsform (7). Die involvierten Arzneimittel und -formen wurden ebenfalls erfasst. Mithilfe multivariater Analysen wurde der Einfluss verschiedener BMP-Eigenschaften (Anzahl Arzneimittel, Alter des BMP, ausstellende Facharztdisziplin etc.) auf die Art und Anzahl an Diskrepanzen zwischen BMP und strukturierter AM-Anamnese untersucht.

Ergebnisse

Bei insgesamt 931 dokumentierten AM-Anamnesen wurde in 142 Fällen ein BMP vom Patienten mitgebracht (15,3 %). Von den 100 im Detail analysierten BMP wiesen 78 % Abweichungen im Vergleich zur AM-Anamnese auf, insgesamt wurden 226 Abweichungen dokumentiert. Die Fehlerart „Medikament fehlt“ war am häufigsten vertreten (n = 103). Insbesondere Antithrombotika (n = 10), Analgetika (n = 9), Mittel gegen Obstipation, Mineralstoffpräparate (je n = 8) und Augentropfen (n = 13, davon sechs Glaukommittel) waren betroffen. In der multivariaten Analyse war kein Zusammenhang zwischen dem Alter des BMP und fehlenden oder nicht mehr eingenommenen Arzneimitteln nachzuweisen. Das Risiko für fehlerhafte Angaben bei Stärke und Dosierung stieg jedoch mit dem Alter des BMP signifikant (P = 0,047) und war um mehr als das Zweifache erhöht, wenn der BMP älter als ein Monat war.

Diskussion und Schlussfolgerungen

Der BMP stellt eine wichtige Informationsquelle in der AM-Anamnese dar; jedoch müssen Aktualität und Vollständigkeit weiterhin umfassend im Anamnesegespräch validiert werden (1).

Referenzen

  1. Walterting I, Schwalbe O, Hempel G. Informationsgehalt von Medikationsplänen vor dem Hintergrund der Einführung des einheitlichen patientenbezogenen Medikationsplans. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes. 2016; 115-116: 24-32.


Interessenkonflikte

Ein Interessenkonflikt wird von den Autoren verneint.