Medikationsfehler in einer Kinder- und Jugendklinik – was ist relevant?

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 4/2018

Abstract II-04

5. Deutscher Kongress für Patientensicherheit bei medikamentöser Therapie; Berlin, 18.–19. Oktober 2018

I. Toni, S. Wimmer, W. Rascher, A. Neubert

Universitätsklinikum Erlangen Kinder- und Jugendklinik, Loschgestraße 15, 91054 Erlangen, Deutschland

Einleitung

Kinder sind bei der Behandlung mit Medikamenten wegen der oft fehlenden Evidenz, eingeschränkten Zulassung und körpergewichtsbasierten Dosisberechnung besonders anfällig für potenziell schädigende Medikationsfehler (MF), die bis zu dreimal häufiger vorkommen als bei Erwachsenen (1;2). Der Medikationsprozess ist per se komplex und besteht aus verschiedenen Einzelschritten; Fehlerquellen sind somit auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, Ursachen und Relevanz von MF auf einer pädiatrischen Station systematisch zu untersuchen.

Methoden

Im Rahmen einer prospektiven Kohortenstudie über fünf Monate auf einer allgemein-pädiatrischen Station einer deutschen Universitätskinderklinik wurde die medikamentöse Therapie der Patienten begleitet und MF mit Hilfe von intensiver Aktendurchsicht und Befragung der Pflegekräfte identifiziert. Alle MF wurden nach ihrem Auftreten im Medikationsprozess klassifiziert und die klinische Relevanz anhand des Schweregrads bewertet (3-5). Ein Ethikvotum wurde eingeholt.

Ergebnisse

1466 MF wurden im Zusammenhang mit der Arzneimitteltherapie bei 283 Patienten identifiziert (Inzidenz 84,9 %). 0,8 % der MF (Inzidenz 3,3 %) führten zu einer klinisch relevanten Nebenwirkung für die Patienten, wobei diese v.a. auf ein Problem bei der Dosierung (45,5 %) und fehlender Compliance der Eltern/Patienten (27,3 %) zurückzuführen waren. 28,4 % der MF (Inzidenz 49,5 %) hatten das Potenzial eine schädigende Wirkung auszulösen. Den Hauptteil dieser stellten dabei MF aufgrund einer unvollständigen ärztlichen Verordnung (41,5 %), der Arzneimittel- (13,7 %) und Dosiswahl (10,1 %).

Antiepileptika standen am häufigsten mit dem Auftreten klinisch relevanter MF in Verbindung; im Zusammenhang mit potenziellen MF fanden sich vorwiegend die als Bedarfsmedikation eingesetzten Analgetika Ibuprofen, Paracetamol und Metamizol-Natrium.

Diskussion und Schlussfolgerungen

MF in der Pädiatrie sind sehr häufig und stellen ein nicht zu unterschätzendes Risiko dar. Auch wenn nur wenige MF zu einer klinisch relevanten Nebenwirkung beim Patienten führen, ist es wichtig potenzielle Gefahren zu kennen und Maßnahmen zur Vermeidung zu entwickeln. Kritisch ist v. a. die Dosiswahl; eine Datenbank mit evidenzbasierten Arzneimittelinformationen kann helfen, die Behandler systematisch zu unterstützen, eine optimierte Arzneimitteltherapie durchzuführen.

Referenzen

  1. Kaushal R, Bates DW, Landrigan C, et al.: Medication errors and adverse drug events in pediatric inpatients. JAMA 2001; 285(16): 2114-20.
  2. Wong IC, Wong LY, Cranswick NE: Minimising medication errors in children. Arch Dis Child 2009; 94(2): 161-4.
  3. Pharmaceutical Care Network Europe (PCNE): PCNE Classification for Drug related problems (V5.01): www.pcne.org (letzter Zugriff: Mai 2018).
  4. Dean BS, Barber ND: A validated, reliable method of scoring the severity of medication errors. Am J Health Syst Pharm 1999; 56(1): 57-62.
  5. Barber N, Franklin BD, Cornford T, et al.: Safer, Faster, Better? Evaluating Electronic Prescribing – Report to the Patient Safety Research Programme. Department of Health: London, 2006.


Interessenkonflikte

Ein Interessenkonflikt wird von den Autoren verneint.