Risiken in der Medikation geriatrischer Krebspatienten

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 4/2018

Abstract II-11

5. Deutscher Kongress für Patientensicherheit bei medikamentöser Therapie; Berlin, 18.–19. Oktober 2018

I. Ortland1, Y.-D. Ko2, A. H. Jacobs3, U. Jaehde1

1Universität Bonn, Pharmazeutisches Institut, An der Immenburg 4, 53121 Bonn, Deutschland
2Johanniter Krankenhaus Abteilung für Internistische Onkologie, Johanniterstraße 3–5, 53113 Bonn, Deutschland
3Johanniter Krankenhaus Abteilung für Geriatrie mit Neurologie und Tagesklinik, Johanniterstraße 3–5, 53113 Bonn, Deutschland

Einleitung

Geriatrische Krebspatienten nehmen durch chronische Erkrankungen oft schon vor Beginn der Tumortherapie eine Vielzahl an Medikamenten ein. Diese Polymedikation kann das Risiko für Komplikationen während der Tumortherapie erhöhen. Ziel des Projekts war es, Risiken in der Medikation geriatrischer Krebspatienten zu analysieren, um die Arzneimitteltherapiesicherheit dieser Patientengruppe in Zukunft verbessern zu können.

Methoden

Im Rahmen von zwei Studien zu onko-geriatrischen Score-Systemen (positives Ethikvotum der Ethikkommission der Universität Bonn), wurde im Johanniter Krankenhaus Bonn die Medikation von 136 Krebspatienten (≥ 70 Jahre) erhoben. Zum einen wurde die bei Aufnahme ins Krankenhaus vor Therapiebeginn eingenommene Medikation erhoben, zum anderen die im Krankenhaus verordnete Tumortherapie einschließlich der Supportivtherapie. Die Medikation wurde auf Polymedikation (≥ fünf eingenommene Arzneistoffe), potenziell inadäquate Medikation (PIM) gemäß der EU-(7)-PIM Liste (1) und potenzielle Arzneimittelinteraktionen (AI) gemäß der ABDA-Datenbank untersucht. Nur potenziell handlungsbedürftige Interaktionsklassen wurden hierbei berücksichtigt (Kontraindikation, gleichzeitige Anwendung nicht empfohlen, Überwachung/Anpassung nötig).

Ergebnisse

Die Krebspatienten waren durchschnittlich 77 Jahre alt und die häufigsten Tumorentitäten waren das Non-Hodgkin-Lymphom (25 %) und Bronchialkarzinom (20 %). Vor Beginn der Tumortherapie nahmen die Patienten im Median fünf Arzneistoffe ein, über die Hälfte der Patienten wies Polymedikation auf (52 %). Ein Drittel der Patienten (33 %) nahm PIM ein, wobei „Mittel bei säurebedingten Erkrankungen“ mit 44 % die häufigste PIM-Arzneistoffklasse darstellte. 31 % der Patienten hatte potenziell handlungsbedürftige AI, hier kamen am häufigsten die Interaktionen Antidiabetika/Corticosteroide, Simvastatin/Amlodipin und ACE-Hemmer/Heparine vor. Durch die zusätzliche Medikation der Tumor- und Supportivtherapie kamen bei 37 % der Patienten weitere PIM hinzu (am häufigsten Ranitidin) und 30 % zeigten weitere potentiell handlungsbedürftige AI (z. B. Kontraindikation: Ondansetron/Amiodaron).

Diskussion und Schlussfolgerungen

Medikationsrisiken wie Polymedikation, potenziell inadäquate Medikation und Interaktionen spielen bei geriatrischen Krebspatienten eine große Rolle. In weiteren Studien sollte der Nutzen von Medikationsanalysen zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit von geriatrischen Krebspatienten untersucht werden.

Referenzen

  1. Renom-Guiteras A, Meyer G, Thürmann PA: The EU(7)-PIM list: a list of potentially inappropriate medications for older people consented by experts from seven European countries. Eur J Clin Pharmacol 2015; 71: 861-75.


Interessenkonflikte

Ein Interessenkonflikt wird von den Autoren verneint.