Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) und Protonenpumpeninhibitoren (PPI) im Krankenhaus – Weniger ist mehr!

Arzneiverordnung in der Praxis

Ausgabe 4/2018

Abstract I-22

5. Deutscher Kongress für Patientensicherheit bei medikamentöser Therapie; Berlin, 18.–19. Oktober 2018

A. Hilken1, H. Hilgarth2, A. W. Lohse3, G. de Heer2

1UKE Klinikapotheke, Martinistr. 52, 20246 Hamburg, Deutschland
2UKE Klinik für Intensivmedizin, Martinistr. 52, 20246 Hamburg, Deutschland
3UKE Zentrum für Innere Medizin, Martinistr. 52, 20246 Hamburg, Deutschland

Einleitung

PPI werden zu häufig, zu lange und oft ohne eindeutige Indikation verordnet – es liegt eine Überversorgung vor (1). In Kliniken werden sie weitverbreitet zur Stressulkusprophylaxe (SUP) eingesetzt, obwohl ein Nutzen nur für kritisch kranke Patienten belegt ist. Eine 2015 in unserer Klinik durchgeführte Punktprävalenzanalyse zeigte, dass 40 % aller betrachteten PPI-Verordnungen auf Normalstation als nicht plausibel eingestuft wurden (2). Zudem steigt die Evidenz für klinisch relevante Nebenwirkungen (UAW) der PPI (z. B. Osteoporose, bakterielle Infektionen, Pneumonien, Nierenschädigungen) (1;3). Des Weiteren haben PPI einen hohen Gewöhnungseffekt, der infolge eines kompensatorisch erhöhten Gastrinspiegels zu einem rebound-Phänomen führt (4). Dies erschwert das Absetzen im poststationären Verlauf. Als Konsequenz sollte, in Anlehnung an die Deprescribing-Initiative (5), ein klinikinterner Leitfaden zur rationalen PPI-Verordnung erstellt werden.

Methoden

Nach umfassender Literaturrecherche wurde ein Leitfaden gemäß dem Stand der Wissenschaft erarbeitet. Dieser wurde im Konsens mit allen relevanten Fachrichtungen weiterentwickelt. Zudem wurde eine Kitteltaschenkarte entworfen, um Ärzte bei der rationalen Verordnung zu fördern. Der finale Entwurf wurde durch die hausinterne Arzneimittelkommission freigegeben und im QM-Handbuch hinterlegt.

Ergebnisse

Zur Unterstützung rationaler PPI-Verordnungen im Krankenhaus enthält der Leitfaden Angaben zu zugelassenen Indikationen und Dosierungen, Empfehlungen zur Prophylaxe eines Stressulkus und bei chronischer Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika und informiert über Interaktionen sowie UAW. Die Kitteltaschenkarte beinhaltet einen Entscheidungsbaum zur Verordnung sowie Tabellen zu Dosierungen und Interaktionen. Unabdingbar sind die regelmäßige Evaluation des PPI und die kritische Indikationsprüfung bei Aufnahme, Verlegung und Entlassung.

Diskussion und Schlussfolgerungen

Der interdisziplinär erstellte Leitfaden wird durch Schulungen und die Kitteltaschenkarten an die Ärzte kommuniziert. Zudem werden klinische Apotheker, welche täglich alle Verordnungen in der elektronischen Verordnungssoftware auf Plausibilität prüfen, die Umsetzung unterstützen. Zur Evaluation der Wirkung des Leitfadens, sind erneute Punktprävalenzanalysen geplant. Ziel muss es sein, die Überversorgung mit PPI zu vermindern und den Teufelskreis der sektorenübergreifenden Dauerverordnung zu durchbrechen, um Risiken durch die PPI-Überversorgung im Sinne der AMTS zu reduzieren.

Referenzen

  1. Mössner, J. Indikationen, Nutzen und Risiken von Protonenpumpeninhibitoren. Dtsch. Ärztebl. 27–28 (2016).
  2. Fritsch, A. et al. Uncritical use of proton pump inhibitors in non-intensive care units of a university hospital. Eur. J. Hosp. Pharm. 23, A70–A70 (2016).
  3. Shah, N. H. et al. Proton Pump Inhibitor Usage and the Risk of Myocardial Infarction in the General Population. PLoS ONE 10, e0124653 (2015).
  4. Niklasson, A. et al. Dyspeptic Symptom Development After Discontinuation of a Proton Pump Inhibitor: A Double-Blind Placebo-Controlled Trial. Am. J. Gastroenterol. 105, 1531–1537 (2010).
  5. Boghossian, T. A. et al. Deprescribing versus continuation of chronic proton pump inhibitor use in adults. in Cochrane Database of Systematic Reviews (John Wiley & Sons, Ltd, 2017). doi:10.1002/14651858.CD011969.pub2.


Interessenkonflikte

Ein Interessenkonflikt wird von den Autoren verneint.